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Wirtschaft: „Viele wollen einfach nur Dampf ablassen“

300 000 Kunden rufen die Hotline der Bahn an

Berlin - Die einen wollen von Berlin nach Hamburg, die anderen von Marburg nach Köln – und alle haben sie dieselbe Frage: „Fährt mein Zug?“

Um das zu erfahren, rufen sie bei der Bahn an. Die hat eine kostenlose Streik-Hotline (08000/996633) eingerichtet, bei der sich Reisende 24 Stunden lang erkundigen können, welche Züge verkehren, wie groß die wahrscheinlichen Verspätungen sind und ob sie ihre Tickets zurückgeben können. Zusätzlich informiert die Bahn im Internet über ihren Notfahrplan (www.bahn.de).

Von dem Angebot machen Hunderttausende Gebrauch. „Allein am Donnerstag hatten wir 186 000 Anrufe“, berichtet Olaf Steinert, Personalleiter der DB Dialog Telefonservice GmbH in Berlin, der Call-Center-Tochter der Deutschen Bahn. Normal sind um die 12 000 Anrufe am Tag. 140 000 Kunden riefen ab dem späten Donnerstagnachmittag an, nachdem die Lokführergewerkschaft GDL die Streiks bekannt gegeben hatte. „Die Menschen wollten wissen, wie es weitergeht“, sagt Steinert.

Einige haben mit Wut im Bauch zum Hörer gegriffen: „Am Donnerstag waren viele Anrufer sauer“, sagt Nicole Korn. Sie arbeitet seit Juli im Call-Center der Bahn. „Viele Menschen wollten einfach nur Dampf ablassen“, berichtet die 25-Jährige. Wartezeiten von bis zu fünf Minuten haben die schlechte Laune der Anrufer weiter getrübt.

Am Freitag, dem Streiktag, seien die Anrufer dagegen deutlich freundlicher gewesen: „Die meisten möchten einfach nur wissen, ob ihr Zug fährt“, erzählt Nicole Korn. Das bestätigt auch ihr Kollege Robert Leßmann. „Die Menschen sind froh, dass ihnen geholfen wird.“ Viele rufen von unterwegs an. Allein bis zehn Uhr früh haben am Freitag 105 000 Kunden die kostenlose Streik-Hotline angewählt. Auch das Internet wird reichlich genutzt: Drei Millionen Mal ist die Internet-Seite am Donnerstag und Freitag angeklickt worden, berichtet Bahn-Sprecher Andreas Fuhrmann.

Wartezeiten gibt es am Freitag keine, fast jeder Anrufer kommt sofort durch. „Alles, was telefonieren kann, arbeitet für die Streik-Hotline“, betont Personalchef Steinert. Von anderen Service-Nummern ist Personal abgezogen worden. Zudem wurden Mitarbeiter gebeten, länger zu arbeiten, früher zu kommen oder ihren freien Tag zu verschieben. So wie Robert Leßmann, der am Freitag eigentlich freigehabt hätte und trotzdem um acht Uhr früh an seinem Telefon sitzt. „Die Mitarbeiter sind enorm einsatzbereit“, lobt Steinert seine Leute.

1700 Mitarbeiter hat die DB Dialog, davon arbeiten am Freitag allein 1400 für die Streik-Hotline. Sechs Call-Center gibt es bundesweit, davon steht das größte am Unternehmenssitz der DB Dialog in Berlin. Am Salzufer arbeiten 700 Call-Center-Agenten für die Bahn, rund 300 sind für die Streik-Hotline abgestellt. Das Problem: Lange kann die Bahn das nicht durchhalten. Eine Woche sei machbar, zwei nicht, fürchtet Steinert. Wie die Kunden hoffen daher auch die Bahnmitarbeiter auf eines: das Ende der Streiks. Heike Jahberg

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