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Die Welt der Arbeit: Von Müßiggang und schlechten Einkommen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund stellt den „Atlas der Arbeit“ vor und betont dabei die Chancen der Digitalisierung.

Drei Stunden Arbeit am Tag sollten reichen. Und zwar bei vollem Lohnausgleich. Finanzierbar wäre die massive Arbeitszeitverkürzung durch die Effekte der Mechanisierung und Automatisierung. So stellte sich das Paul Lafargue vor, Schwiegersohn von Karl Marx, französischer Arzt und Sozialist und Autor des Schlüsselwerks jedes Müßiggängers aus: Das Recht auf Faulheit, erschienen 1890 mitten in der Industrialisierung.

Der „Faulheit“ ist ein Kapitel gewidmet im jüngsten „Atlas der Arbeit“, der am Montag in Berlin von DGB und Böckler-Stiftung vorgestellt wurde. Müßiggang, so heißt es in dem 64 Seiten umfassenden Überblick aller möglichen Formen von Erwerbsarbeit und Einkommen rund um die Welt, „blieb denen vorbehalten, die es sich leisten konnten, weil andere die Arbeit machten, sei es in den frühen Sklavengesellschaften oder später als ,Lohnsklaven’ (Rosa Luxemburg)“.

Der DGB-Chef stellt keine Forderungen

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sieht den Atlas als ein Instrument, um „in der Zeit eines großen Umbruchs durch Digitalisierung und Globalisierung“ Diskussionen anzuregen. „Wir präsentieren keine Lösungen und wiederholen auch kein gewerkschaftlichen Forderungen.“ Die Fakten sprechen ja auch für sich. Einige Beispiele:

Seit dem Jahr 2000 stiegen hierzulande Löhne und Gehälter im Schnitt um gut 49 Prozent, die Unternehmens- und Kapitaleinkommen aber um gut 75 Prozent. Und Arbeitslosigkeit wird in zehn Jahren kein Thema mehr sein – wenn der demografische Wandel weiterläuft wie bislang und „es gelingt. das (Aus-)Bildungssystem fit zu machen für die Zukunft“. Hoffmann und Böckler-Chef Michael Guggemos nutzen die Vorstellung des Atlas, um auf die Bedeutung von Tarifverträgen für anständige Arbeitsbedingungen und ordentliche Löhne hinzuweisen. Und auf Effekte der europäischen Politik nach der Finanzkrise 2008. So habe der Sparkurs in Portugal dazu geführt, dass heute nur noch 242000 Beschäftigte einen Tarifvertrag haben - zu Beginn der Krise waren es noch 1,9 Millionen.

40 Millionen Menschen werden versklavt

Rund 40 Millionen Menschen sind weltweit Opfer „moderner Sklaverei“, auch hierzulande wachse „das Risiko von Zwangsarbeit“ für Immigranten. Vor allem aus Bulgarien, Rumänien und Nigeria stammten Frauen, die in Deutschland „als Sexarbeiterinnen arbeiten müssen“, heißt es im Atlas.

Guggemos brachte eine „Digitalisierungsdividende“ ins Spiel, mit der „mehr Wohlstand für alle“ möglich sein könnte. Und Hoffmann betonte vor allem „die Chancen in den Veränderungsprozessen“ der Erwerbsarbeit, „die auch in Zukunft konstitutiv sein wird für den Zusammenhalt der Gesellschaft“. Trotz des verbreiteten Bedürfnisses nach Faulheit.

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