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Otto

© ddp

Alexander Otto: "Von Staatshilfen halte ich gar nichts"

Alexander Otto, Chef von Europas größtem Einkaufscenterbetreiber ECE, spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über Arcandor, Konjunkturpakete und Managergehälter.

Herr Otto, um das Überleben seiner Karstadt-Warenhäuser zu sichern, pokert Arcandor gerade um millionenschwere Staatshilfen. Was halten Sie davon?



Gar nichts. Der Staat kann nicht jedem Unternehmen helfen, das strukturelle Probleme hat und teilweise auch die Zeichen der Zeit verpasst hat.

Ohne Staatshilfe droht Karstadt die Insolvenz. Ist das besser?

Ich finde die Idee gut, Kaufhof und Karstadt zusammenzulegen und eine Deutsche Warenhaus AG zu gründen – vor allem dann, wenn sie ohne Staatshilfen auskommt. Dadurch kann man Synergien heben und Kostenvorteile schaffen und so das Überleben der Gruppe sichern. Allerdings bezweifle ich, dass das kurzfristig umsetzbar ist, dazu braucht man Investitionen.

Sie sind kapitalstark. Könnten Sie sich vorstellen, in eine Deutsche Warenhaus AG zu investieren?

Nein, sicher nicht. Das ist nicht unser Kerngeschäft.

Aber Sie sind vermutlich nicht unglücklich, wenn weitere Warenhäuser schließen und dadurch hochattraktive Flächen frei werden. Gibt es schon Verhandlungen?

Die Warenhäuser waren und sind gute Partner – sowohl bei unseren Projekten wie in den Städten. Ich würde mich daher freuen, wenn viele Warenhäuser wieder attraktiver werden würden. Dennoch sind wir natürlich regelmäßig in Kontakt mit den Besitzern der Karstadt-Immobilien. Wenn Warenhäuser schließen, brauchen die Städte sinnvolle Nachnutzungen, da gibt es durchaus denkbare Konzepte.

Hertie, Woolworth und viele andere haben bereits aufgegeben. Ist das nur eine Krise der Warenhäuser oder des Einzelhandels?

Als Folge der Finanzkrise sind die Einzelhandelsumsätze weltweit zurückgegangen. In Deutschland sind sie noch sehr stabil. Aber es ist zu befürchten, dass mit steigender Arbeitslosigkeit in Deutschland der Abschwung auch den Einzelhandel erreicht. In solchen Zeiten zeigen sich langfristige Trends dann verstärkt. Einzelne Firmen, die ohnehin Schwierigkeiten haben, überleben das nicht.

Was haben die Warenhausbetreiber falsch gemacht?

Es gibt seit vielen Jahren einen Investitionsstau. Die Häuser sollten sich auf die richtigen Sortimente, die eigenen Wettbewerbsvorteile konzentrieren.

Was sie nicht getan haben?

Es war auch nicht ganz einfach, weil sich der deutsche Einzelhandel extrem dynamisch entwickelt hat und viele spezialisierte Fachgeschäfte wie H & M, Esprit oder Media Markt entstanden sind. Ein Warenhaus mit einer kleinen Esprit-Ecke muss mit dem Esprit-Flagship-Store in der Fußgängerzone mit 2000 Quadratmeter konkurrieren. Bessere Chancen haben nur große Warenhäuser wie das KaDeWe oder der Kaufhof am Alexanderplatz.

Es gibt viele, die einen Zusammenhang sehen zwischen dem Aufstieg der Shoppingcenter und dem Abstieg der Warenhäuser. Lässt sich das an Zahlen ablesen?

Der Zusammenhang besteht direkt nicht, da man dabei den Boom der Discounter, die Entwicklung der Fachmärkte und den Erfolg vertikaler Textilanbieter wie Zara vergisst. Aber zumindest liegen wir seit Jahren etwa zwei bis drei Prozent besser als der Schnitt der deutschen Einzelhändler.

Woran liegt das?

Wir kennen den Einzelhandel ganz genau, jeder Mieter meldet uns jedes Quartal seine Umsätze. Wir sprechen mit den Mietern rechtzeitig über notwendige Anpassungen und können schnell agieren, wenn es Probleme gibt. So bieten wir immer das an, was die Menschen suchen.

Merken Sie in Ihren Shoppingcentern auch schon Anzeichen der Krise?

Bisher nicht. Die Auslastung liegt bei 99,7 Prozent. In den ersten drei Monaten hatten wir noch stabile Einzelhandelsumsätze, die Zahlen im zweiten Halbjahr werden aber nicht so gut werden. Im deutschen Einzelhandel werden wir in diesem Jahr insgesamt wahrscheinlich ein Minus sehen. Ich glaube allerdings nicht, dass es im Einzelhandel insgesamt eine tiefe Rezession geben wird.

Sollte die Bundesregierung noch ein drittes Konjunkturpaket auflegen, um den erwarteten Rückgang des privaten Konsums abzufedern?

Ich bin skeptisch, wenn es um solche Pakete geht, weil sie den Haushalt belasten. Das führt lang- und mittelfristig wieder zu höheren Steuern, die uns nicht wirklich voranbringen. Außerdem führen Maßnahmen wie die Abwrackprämie oft zu einer Verschiebung im Konsum. Der wichtigste Fokus muss sein, die Finanzmärkte nachhaltig zu stabilisieren, damit die Banken wieder die Möglichkeit haben, neue Kredite zu vergeben. Viele der deutschen Großbanken sind dazu derzeit nicht in der Lage.

Die Regierung will bis zur Sommerpause ihre Bad-Bank-Gesetzgebung verabschieden. Was halten Sie davon?

Es ist richtig, durch den Soffin ...

... also den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung ...

... eine Stärkung der Banken herbeizuführen. Aber Details des Regelwerks fördern nicht unbedingt die Konjunktur.

Welche zum Beispiel?

Zum Beispiel die erhöhte Kernkapitalquote, die Banken erfüllen müssen und für die sie ihr Portfolio erst einmal abschmelzen müssen. Außerdem halte ich es für es für problematisch, Vorstandsgehälter bei Instituten, die Staatshilfe in Anspruch nehmen, auf 500 000 Euro zu begrenzen. Ich kann zwar emotional nachempfinden, dass der Wunsch besteht, aber die besten Leute bekommt man damit nicht. Man muss schon eine gehörige Portion Idealismus mitbringen, um unter solchen Bedingungen aus einem sicheren Vorstandsposten heraus zu einer angeschlagenen Bank zu gehen.

Die Gier der Banker gilt als einer der Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise.

Es ist natürlich außerordentlich kritisch, dass in der Vergangenheit viele Manager und Banker von kurzfristigen Profiten profitiert haben. Anders als bei einem Familienunternehmen wie der ECE tragen sie bei Verlusten keine eigene finanzielle Verantwortung.

Wäre es dann nicht richtig, Gehälter und Boni zu deckeln?

Das ist zu starr. Ziel sollte es sein, variable Vergütungen in Abhängigkeit vom langfristigen Erfolg des Instituts festzulegen. Dieser kann sich dabei nicht allein vom Aktienkurs ableiten.

Was machen Ihre eigenen langfristigen Pläne? Haben Sie Projekte angesichts der schwierigen Aussichten auf Eis gelegt?

Wir starten sogar noch neue Projekte, es gibt ja noch eine ganze Reihe weißer Flecken in Deutschland. In Oldenburg haben wir gerade den Bau eines neuen Einkaufszentrums für 100 Millionen Euro gestartet. Aber in Märkten wie Osteuropa oder der Türkei ist die Finanzierung sehr viel schwieriger geworden. Da werden wir natürlich vorsichtiger. Umgekehrt bietet die Krise für uns auch Chancen, weil viele Unternehmen an der Börse sehr niedrig bewertet werden: In den USA habe ich mich gerade an der Firma DDR mit über 700 Einkaufszentren beteiligt, die unter anderem größter Vermieter von Wal Mart ist.

Sehen Sie in Berlin noch Chancen für neue Einkaufscenter?

Berlin hat eine nicht allzu restriktive Genehmigungspolitik betrieben, inzwischen gibt es über 50 Einkaufszentren. Verglichen mit Städten wie München ist das Potenzial sehr begrenzt. In unserem Umsatzranking liegen die meisten Berliner Objekte nur im Mittelfeld. Das liegt am hohen Wettbewerb. Nirgends ist die Centerdichte so hoch wie hier

Das Interview führte Maren Peters.

ZUR PERSON

MANAGER

Alexander Otto (41) ist jüngster Sohn des Versandhausgründers Werner Otto. Der Junior, der eigentlich Wissenschaftler werden wollte, machte in Oxford seinen Schulabschluss, studierte an der Harvard University und der Harvard Business School. 1994 stieg er beim Immobilienkonzern ECE ein, dem heute größten europäischen Betreiber von Einkaufscentern. Seit 2000 ist er Chef. Er sitzt auch im Aufsichtsrat des HSV.

UNTERNEHMEN

Werner Otto hat ECE 1965 gegründet. Das Hamburger Unternehmen betreibt unter anderem gut 100 Einkaufscenter wie die Potsdamer-Platz-Arkaden und die Ring-Center, aber auch Spezialimmobilien wie die Fernsehstudios in Adlershof. ECE hat zuletzt 13,1 Milliarden Euro umgesetzt.

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