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Wirtschaft: VW geht in Russland auf Aufholjagd

Erstes Werk auf dem „Zukunftsmarkt“ eröffnet

Kaluga - Ein gutes Jahr nach der Grundsteinlegung hat Volkswagen am Mittwoch sein erstes Werk in Russland eröffnet. Im 160 Kilometer südwestlich von Moskau gelegenen Kaluga laufen zunächst die Modelle VW Passat und Skoda Octavia vom Band. Im Jahr 2008 sollen in der nun abgeschlossenen ersten Ausbaustufe des Standortes 66 000 Fahrzeuge beider Marken anfangs nur montiert werden. Ab 2009 will VW dann in einer zweiten Stufe 150 000 Fahrzeuge komplett in Kaluga produzieren. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf insgesamt mehr als 500 Millionen Euro; bis Ende 2009 sollen rund 3000 Mitarbeiter in der Provinzstadt beschäftigt werden.

„Mit dem Start der Montage in Kaluga ist der Volkswagen-Konzern endgültig im Zukunftsmarkt Russland angekommen“, sagte VW-Chef Martin Winterkorn vor 600 Gästen, darunter der stellvertretende Premierminister der Russischen Föderation, Sergej Naryshkin. Der Konzern habe nun die Chance, „zunehmend vom rasanten Wachstum des russischen Automobilmarktes zu profitieren“. Das Werksgrundstück misst 400 Hektar und ist doppelt so groß wie das VW-Gelände am Konzernsitz in Wolfsburg.

VW hat in Russland Nachholbedarf. Toyota, General Motors oder Ford fertigen schon Autos vor Ort, ihre Marktanteile liegen deutlich höher. Gleichwohl bietet der russische Markt auch für Nachzügler noch enorme Wachstumschancen. So liegt die Autodichte bei gut 180 Pkw pro 1000 Einwohner, in Westeuropa sind es 500. Experten der Beratungsfirma Roland Berger sagen etwa voraus, dass der russische Markt in weniger als zehn Jahren größer als der deutsche Automarkt sein wird. Die Zahl der Autos in Russland insgesamt werde von jetzt etwa 25 Millionen auf weit mehr als 40 Millionen steigen. Im Jahr 2020, so die Schätzung, könnten in Russland, Weißrussland und der Ukraine bis zu sechs Millionen neue Fahrzeuge zugelassen werden. 2007 werden es um die 2,2 Millionen sein. 65 Prozent davon sind Importfahrzeuge, für die Einfuhrzölle gezahlt werden müssen.

Der VW-Konzern wird 2007 mit allen seinen Marken in Russland knapp 79 000 Autos verkaufen, das entspricht einem Marktanteil von 3,2 Prozent. „In wenigen Jahren werden wir mit 300 000 Autos pro Jahr zehn Prozent des Marktes abdecken“, sagte der Russlandbeauftragte von VW, Dietmar Korzekwa, in Kaluga. Selbst Toyota, mit aktuell 150 000 verkauften Autos noch weit vor VW, wollen die Wolfsburger in „drei bis vier Jahren“ schon eingeholt haben. Helfen dabei soll das neue Werk in Kaluga und ein Netz von landesweit 70 Vertragshändlern, das Ende 2008 auf 90 erweitert wird.

„Russland ist für Volkswagen und Skoda ein strategischer Zukunftsmarkt", sagte Skoda-Chef Reinhard Jung am Mittwoch. Für die Investition erhielt VW von der europäischen Förderbank EBRD sowie der Osteuropabank einen Kredit. Die EBRD ist vorübergehend auch mit 20 Prozent an der Gesellschaft in Kaluga beteiligt. Vor der Ansiedlung in Kaluga hatte der Konzern 90 Standorte geprüft. Die Stadt südlich von Moskau bot die beste Infrastruktur, übernahm die Erschließungskosten und gewährte Steuervorteile. Henrik Mortsiefer

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