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Beliebtes Bild, um Steuervermeidung zu illustrieren: Die Oase.

© imago images/blickwinkel

Beliebte Steueroasen: Weit entfernt vom Austrocknen

Gegen Steueroasen hilft nur Transparenz. Um die ist es aber nicht gut bestellt. Immobilienbesitzer sind in Deutschland privilegiert.

Steueroasen beschäftigen Öffentlichkeit und Politik, weil sie als Chiffre dienen für Profitmaximierung und Ungerechtigkeit im globalen Kapitalismus. Ein paar hundert Weltenbürger sind unfassbar reich und bemüht, das Geld vor den Finanzbehörden zu verstecken. Das stößt den Steuerzahlern bitter auf, die ehrlich ihrer staatbürgerlichen Pflicht nachkommen und selten die Ressourcen haben, um sich um Steuervermeidung zu kümmern. Doch schon an dieser Stelle wird es kompliziert: Es gebe einen „fließenden Übergang“ zwischen (legaler) Steuervermeidung und (illegaler) <TH>Steuerhinterziehung, sagt der Münchener Ökonom Jakob Miethe dem Tagesspiegel.

Im Prinzip helfe nur Transparenz, wie das Beispiel der Schweiz zeige: Die Obama-Administration habe den Schweizer Banken gedroht, ihre Geschäftstätigkeit auf dem US-Markt zu beschränken, wenn die US-Finanzbehörden nicht über die Vermögen von US-Bürgern auf Schweizer Konten Informationen bekämen. Es war der Anfang vom Ende des berüchtigten Schweizer Bankgeheimnisses.

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Nach Einschätzung Miethes ist das der wirkungsvollste Hebel: die Banken und Finanzdienstleiter unter Druck setzen, damit die ihre Dienstleistungen auf den Oasen nicht mehr anbieten. Das ist schwierig genug, wie wiederum das Beispiel der US-Amerikaner zeigt:<TH>In Delaware, North Dakota und Vermont lockten sie selbst mit fragwürdigen Mitteln Steuerflüchtlinge aus aller Welt an, sagt Miethe.

Jungferninseln nicht auf der Liste

Passend zur Veröffentlichung der Pandora Papers befassen sich die Finanzminister der EU am heutigen Dienstag mit einer neuen Liste von Oasen. 2017 war die Liste mit dem Ziel eingeführt worden, „Steueroasen weltweit auszutrocknen und sie mit Sanktionen zu belegen“, wie Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im Europaparlament, formuliert. Die Liste taugt nicht viel, meint Giegold und argumentiert mit der aktuellen Veröffentlichung. „Zwei Drittel der Briefkastenfirmen in den Pandora-Daten liegen in den Britischen Jungferninseln, die aber auf der EU-Steueroasen-Listen fehlen.“

Giegold zufolge wollen die Finanzminister Anguila, die Seychellen und Dominica von der Liste streichen. Dann würden nach Lesart der EU nur noch neun Oasen als solche gelistet: Amerikanisch- Samoa, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, Trinidad und Tobago, U.S. Virgin Islands und Vanuatu. Alles in allem gebe es noch immer keine Transparenz bei den „tatsächlichen Eigentümern von Briefkastenfirmen und Immobilien“, sagt der EU-Abgeordnete der Grünen.

Immobilieneigentum verschleiern

In dieses Horn stößt auch Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende. Reichen Prominenten, Milliardären und korrupten Eliten sowie der organisierten Kriminalität werde es zu leicht gemacht, „Gelder zu waschen und in Sicherheit zu bringen“. Es müsse verhindert werden, „dass anonyme Unternehmen aus Schattenfinanzzentren genutzt werden können, um Immobilien oder Unternehmen zu kaufen“. Finanzwende fordert schon länger ein deutsches Transparenzregister. „Das erschwert Autokraten, ihre Gelder in Deutschland zu verstecken.“ Wichtiger noch wäre nach Einschätzung von Schick, „dass Vermögen aus illegalen Quellen in Deutschland konsequent eingezogen würde“. Das müsse auch für Immobilien gelten, „bei denen der wirkliche Eigentümer verschleiert wird“, meint der Finanzmarktkritiker.

Steuerprivilegien für Spekulanten

Gerade in der Immobilienwirtschaft ist der Grad zwischen Steuervermeidung und -hinterziehung schmal, wie Stephan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erläutert. Zum Einen sei das Waschen von Schwarzgeld auf dem Immobilienmarkt mit Hilfe von dritten Gesellschaften leicht möglich. Zum Anderen „privilegiert das deutsche Steuerrecht Investitionen in Immobilien massiv“. Anders als international üblich würden Spekulationsgewinne aus Immobilien in Deutschland nur dann besteuert, wenn die Immobilien nach weniger als zehn Jahren verkauft werden. Bei selbstgenutzten Immobilien verkürzt sich diese Frist sogar auf drei Jahre. „Dies hat besonders fragwürdige Wirkungen bei vermieteten Immobilien, die in Deutschland fast ausschließlich von den reichsten zehn Prozent der Bevölkerung gehalten werden“, schreibt Bach.

Richtig lukrativ wird es auf dem deutschen Immobilienmarkt, wenn Immobilien in eine GmbH eingelegt werden, „und noch mehr, wenn die Objekt-GmbH wiederum von einer Holding GmbH gehalten wird“, schreibt Bach. Dann fallen auch bei einem Verkauf der Objekt- GmbH unabhängig von der Haltedauer nur 1,5 Prozent Steuern auf den Veräußerungsgewinn an. Ein großartiges Geschäft – und dazu legal. Nach Berechnungen von DIW-Wissenschaftler Bach hätte der deutsche Staat eine Summe von 27 Milliarden Euro mehr zur Verfügung, wenn die Steuerprivilegien für Immobilienbesitzer beseitigt würden. Und zwar jedes Jahr.

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