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Wirtschaft: Wie die Krise Deutschland erfasst

US-Hypotheken gelten schon lange als Risiko.

Vor einer Krise am US-Hypothekenmarkt wurde schon lange gewarnt. Als sich die Zahlungsausfälle von Kunden mit schlechter Bonität („subprime“) häuften, gingen im Juli zunächst die Kurse der US-Banken auf Talfahrt. Bald darauf greift die Krise nach Deutschland über.

1. August: Die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB muss von einem Bankenpool um die staatliche KfW mit einer Bürgschaft von 8,1 Milliarden Euro gerettet werden. Sie war über ihren Rhineland-Fonds von faulen US-Immobilienkrediten schwer getroffen worden. Der Chef der Finanzaufsicht Bafin, Jochen Sanio, warnt vor der schwersten Bankenkrise seit 1931, sollte die IKB zusammenbrechen.

3. August: In Deutschland werden drei Investmentfonds als Folge der Turbulenzen vorübergehend geschlossen. Weitere Schließungen folgen. In den USA entlässt die Hypothekenkredit-Firma American Home Mortgage rund 90 Prozent ihrer mehr als 7000 Mitarbeiter.

9. August: Spekulationen über hohe Verluste verschiedener Großbanken legen den Geldmarkt lahm, auf dem sie einander Mittel für das Tagesgeschäft leihen. Die Europäische Zentralbank (EZB) stellt den Banken 94,8 Milliarden Euro zur Verfügung, um ihre Liquidität zu sichern. In den folgenden Tagen pumpen Zentralbanken weltweit mehr als 300 Milliarden Euro in die Märkte.

10. August: Die Sachsen LB weist Berichte um Probleme bei ihrer Zweckgesellschaft Ormond Quay Funding wegen der US-Hypothekenkrise zurück.

11. August: Die West LB räumt ein Engagement von 1,2 Milliarden Euro auf dem US-Immobilienmarkt ein. Die Kredite hätten jedoch eine gute Bewertung der Ratingagenturen.

12. August: Die Postbank teilt mit, mit 600 Millionen Euro in zwei Gesellschaften des Rhineland-Fonds engagiert zu sein. In Anleihen im Volumen von etwa 200 Millionen Euro könnten auch Subprime-Kredite enthalten sein.

17. August: Als zweites deutsches Geldinstitut muss die Landesbank Sachsen mit einer Kreditlinie der Sparkassen-Finanzgruppe über 17,3 Milliarden Euro gerettet werden. Eine Dubliner Tochter namens Ormond Quay hatte massiv in US-Immobilienanleihen investiert.

18. August: „Es handelt sich um ein temporäres Problem“, sagt ein Sprecher der Sachsen LB.

20. August: Die EU-Kommission kündigt an, die Finanzspritze für die Sachsen LB unter die Lupe zu nehmen. Eine Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses des sächsischen Landtages wird einberufen. Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) erklärt, die Bank sei liquide.

23. August: Das für das Kapitalmarktgeschäft zuständige Sachsen LB-Vorstandsmitglied Stefan Leusder scheidet mit sofortiger Wirkung aus. Die Postbank rechnet durch ihr Engagement im US-Markt für zweitklassige Hypothekendarlehen mit möglichen Ausfällen in Millionenhöhe. Die Ausfallrisiken lägen insgesamt im niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich, sagt Vorstandschef Wolfgang Klein. Die HSH Nordbank, die Landesbank der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein, ist indirekt mit 1,8 Milliarden Euro auf den US-Immobilienmärkten engagiert.

24. August: Auch die Bayern LB räumt ein, dass sie Wertpapiere halte, die mit ausfallgefährdeten Krediten aus dem Subprime-Segment des US-Immobilienmarkts unterlegt seien. Das Gesamtvolumen des Engagements nannte die Bank auch auf Nachfrage nicht.

25. August: Sondersitzung des sächsischen Kabinetts. Finanzminister Horst Metz (CDU) bestätigt Verhandlungen „mit Landesbanken, darunter die LBBW“. Die finanziell starke Landesbank Baden-Württemberg gilt als Favorit für eine Übernahme.

26. August: Treffen von Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) mit den Vorsitzenden der sächsischen Landtagsfraktionen. Zweite Sondersitzung der sächsischen Landesregierung zum Verkauf der Sachsen LB. Milbradt gibt den Verkauf der Sachsen LB an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) noch am selben Tag bekannt. dpa

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