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Fachkräfte: Willkommen in Deutschland

Ausländische Fachkräfte sollen leichter an Jobs kommen. Der Wirtschaft gehen die Pläne nicht weit genug.

Berlin - Die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung zum Abbau des Fachkräftemangels in Deutschland sind von der Wirtschaft größtenteils begrüßt worden. Allerdings kritisierten die Vertreter der Verbände, dass die vorgesehenen Schritte nicht weit genug gingen.

Das Bundeskabinett hatte sich am Donnerstag auf seiner Klausurtagung im brandenburgischen Meseberg darauf verständigt, dass Maschinenbau-, Fahrzeugbau- und Elektroingenieure aus den zwölf neuen EU-Staaten künftig leichter einen Job in Deutschland bekommen sollen. Schon ab dem 1. November dieses Jahres soll demnach auf die Vorrangprüfung verzichtet werden. Diese sieht vor, dass ausländische Fachkräfte nur dann eine Stelle antreten dürfen, wenn sich kein deutscher Bewerber mit den gleichen Qualifikationen findet. Zudem sollen ausländische Studenten, die ihren Abschluss an einer deutschen Hochschule gemacht haben, künftig drei Jahre statt wie bisher ein Jahr nach einem Job in Deutschland suchen können. Auch in diesem Fall soll künftig auf die Vorrangprüfung verzichtet werden.

Selbst wenn diese Regelung nun gelockert werde, gelte weiterhin die Vorgabe, das „eigene Potenzial“ voll zu nutzen, sagte Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) am Freitag. Schule, Aus- und Weiterbildung müssten verbessert werden. Diese Bereiche seien „keineswegs schon optimal in unserem Land“.

Die kurzfristigen Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel seien „richtig und dringend notwendig“, schrieb Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt am Freitag in einer Mitteilung. Das darüber hinaus von der Bundesregierung angestrebte Gesamtkonzept müsse allerdings auch den Einstieg in ein Punktesystem für eine geregelte Zuwanderung vorsehen, betonte Hundt. Pluspunkte solle es dann beispielsweise für ausländische Bewerber mit guten Deutschkenntnissen oder mit Berufserfahrung geben. Ein solches Punktesystem ist auch von der SPD gewollt, die Union lehnt es bisher jedoch ab. Auch der Verband der Maschinenbauer (VDMA) mahnte weitere Schritte an: „Meseberg kann nur der Anfang sein“, sagte VDMA-Präsident Dieter Brucklacher dem Tagesspiegel.

Die Unternehmen beklagen, dass ihnen vor allem Ingenieure fehlen. Der Mangel an solchen Fachkräften kostete die Volkswirtschaft laut einer Berechnung des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) allein im vergangenen Jahr mindestens 3,5 Milliarden Euro. Derzeit fehlen nach Angaben des Verbands der Ingenieure (VDI) bundesweit rund 24 000 Ingenieure. Besonders betroffen sind demnach die großen Bundesländer wie Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen (siehe Karte). In Berlin und Brandenburg sei das Problem zwar nicht ganz so gravierend, aber „das Thema beschäftigt auch uns sehr“, sagte der Vize-Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin und Brandenburg, Klaus-Dieter Teufel. Der jüngste Schritt der Bundesregierung helfe nun, „zu einem Bewusstseinswandel beizutragen“. Teufel plädierte dafür, dass auch die Mindestverdienstgrenze für ausländische Fachkräfte von derzeit 85 000 Euro pro Jahr herabgesenkt werden müsste. Das Kabinett hatte dieses Thema in Meseberg vertagt. Die Frage soll in den kommenden Monaten behandelt werden.

Berlins Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) bezeichnetete die Meseberg-Beschlüsse als „Rosinenpickerei“. „Es gibt viele Ausländer in Berlin, die die gefragten Qualifikationen haben, deren Abschlüsse hier aber nicht anerkannt werden.“ Darüber hinaus müsse man neben Ingenieuren auch anderen Fachkräften aus den neuen EU-Ländern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtern. „Was wir derzeit haben, ist eine Arbeitnehmerfreizügigkeit zweiter Klasse“, kritisierte sie.

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