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Wirtschaft: „Wir sind keine Galeerensklaven“

München - So richtig interessierten die 2,2 Milliarden Euro Verlust, die der angeschlagene Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) für 2009 verbuchen muss, am Freitag niemanden. Brennendes Interesse bestand bei der Vorlage der Bilanz vielmehr an den Hintergründen des überraschenden Rücktritts von HRE-Chef Axel Wieandt nur 15 Stunden vorher.

München - So richtig interessierten die 2,2 Milliarden Euro Verlust, die der angeschlagene Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) für 2009 verbuchen muss, am Freitag niemanden. Brennendes Interesse bestand bei der Vorlage der Bilanz vielmehr an den Hintergründen des überraschenden Rücktritts von HRE-Chef Axel Wieandt nur 15 Stunden vorher. Aufsichtsratschef Bernd Thiemann versuchte eine plausible Erklärung. Es sei das Aufeinanderprallen eines „vorwärtsstürmenden Sanierungsvorstands“ mit einem von Politikern gesteuerten Bankenrettungsfonds Soffin gewesen, das zum Eklat geführt habe. Und dann sei da auch noch das „Unwort Boni“ gewesen.

25 Millionen Euro habe Wieandt für HRE-Manager unterhalb der Vorstandsebene für 2009 gefordert und sich darüber mit dem Soffin heillos zerstritten, räumte Thiemann ein. Der Chefaufseher betonte, dass er das Anliegen Wieandts für richtig halte und man mit dem Soffin noch im Gespräch stehe. Die Bank laufe Gefahr, dass Wissensträger das Haus verlassen, die zur weiteren Sanierung wichtig seien. „Die ersten ungewollten Abgänge in der zweiten Ebene gibt es“, sagte Thiemann. Spare der Bund als neuer Alleineigentümer der Bank an der falschen Stelle, müsse er damit rechnen, dass ihm dieses Knausern „auf die Füße fällt“.

Abseits der offiziellen Reden wurde klar, dass es in der HRE brodelt. „Wir sind nicht bei Ben Hur und keine Galeerensklaven“, sagte ein Topmanager an die Adresse des Soffin. Die HRE sei nicht mit den Milliarden des Bundes und der Steuerzahler allein zu retten. Verließen die Know-How-Träger das Haus, seien Schäden weit über den geforderten 25 Millionen Euro Bonuszahlungen zu befürchten. Auch ohne eine solche Eskalation ist klar, dass die HRE vier weitere Milliarden Euro an Bundesmitteln benötigen wird, stellten Management und Thiemann klar. Damit summieren sich die direkten Geldspritzen auf zehn Milliarden Euro. Dazu kommen Bürgschaften über 93,5 Milliarden Euro. Sie könnten sich verringern, wenn es der HRE gelingt, faule und strategisch nicht mehr benötigte Geschäfte in eine Bad Bank auszugliedern. Die HRE plant, Vermögenswerte in Höhe von bis zu 210 Milliarden Euro abzuwickeln.

Das Projekt „Bad Bank“ sei in seiner Komplexität und Dimension nicht zu unterschätzen, warnte Manuela Better, die bis auf weiteres den Vorstandsvorsitz von Wieandt übernimmt. Man betrete damit juristisches Neuland, für das man alle im Haus verfügbaren Spezialisten brauche.

Vor 2012 schreibt die HRE nach den Plänen des Vorstands keine schwarzen Zahlen. 2010 sollen die Milliardenverluste zumindest reduziert werden. Am Ende soll im überlebensfähigen Bankenteil eine de facto halbierte HRE stehen, die dann bis etwa 2014 wieder reprivatisierungsfähig sein könnte, schätzt Better. Über den Zeitpunkt der Reprivatisierung entscheide der Bund, stellte sie klar und erkennt damit die Machtverhältnisse an. Vorgänger Wieandt sei einer gewesen, der halb im Scherz und halb im Ernst die Auffassung vertreten habe, die Bank gehört dem Vorstand, hatte Thiemann zuvor gesagt. Ein echter Friedensschluss zwischen Management und Soffin steht noch aus.

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