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Roboter sind jetzt überall: auf der Grünen Woche, bei Saturn oder - wie hier - bei der Bilanz-Pressekonferenz der Bertelsmann-Gruppe.

© Paul Zinken/dpa

Der Computer wählt Bewerber aus: Wollen wir den Robo-Chef?

Die Talanx-Versicherung nutzt künstliche Intelligenz für ihre Personalsuche. Wie weit soll die Macht der Computer noch gehen? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Arthur C. Clarke ist einer der bekanntesten Science-Fiction-Autoren. Vor zehn Jahren ist er gestorben – im hohen Alter von 91 Jahren. Hätte er seinen 100. Geburtstag erlebt, hätte sich Clarke auf die Schulter klopfen dürfen. Denn die Welt des Arthur C. Clarke, die von Stanley Kubrick in „2001: Odyssee im Weltraum“ verfilmt worden ist, rückt näher. Der allwissende Computer HAL 9000, der mit Astronauten durch das All fliegt, ist nicht länger nur in Hollywood zu Hause, sondern jetzt auch in Hannover.

Verteidigt das Projekt: Talanx-Vorstand Torsten Leue.

© Holger Hollemann/dpa

Dort hat die Talanx-Versicherung ihren Sitz. Das Unternehmen beschäftigt weltweit 20.000 Mitarbeiter und hat ein Problem. Viele Führungskräfte gehen in Rente, Nachwuchs muss her. Doch den zu finden, kostet Zeit und Mühe. Bisher mussten Bewerber aufwändige Assessment-Center durchlaufen. Nun übernimmt der Computer die Vorauswahl. Er unterhält sich eine halbe Stunde lang mit den Interessenten und trifft danach seine Entscheidung: Daumen rauf oder Daumen runter. Bei Talanx ist man von der Methode überzeugt: Während des Probebetriebs habe man eine große Übereinstimmung mit den Ergebnissen des traditionellen Personalrecruitings festgestellt, heißt es.

Vitality-Programm: Wer Sport treibt, spart bei den Versicherungsbeiträgen.

© Robyn Beck/AFP

Die Versicherer, die lange gebraucht haben, um in der digitalen Welt anzukommen, werden jetzt zur Speerspitze der Moderne. Vor der Talanx hatte bereits die Generali für Aufsehen gesorgt, als sie als erste Versicherung private Fitnessdaten mit Prämienrabatten kombinierte. Die Vermessung des Menschen – in der Versicherungswelt wird sie Wirklichkeit.

Unfall: Das Videostandbild zeigt die Unfallszene nach einem tödlichen Unfall mit einem Tesla-Elektroauto auf dem Highway 101 bei Mountain View.

© dpa

Aber nicht nur dort. Roboter halten überall Einzug. Im Verkehr, in der Arbeitswelt, bei Spielen. Aufzuhalten ist diese Entwicklung nicht – trotz der jüngsten tödlichen Unfälle mit selbstfahrenden Autos von Tesla und Uber. Die Entwickler werden die Programme optimieren und die Fehler reduzieren, die künstliche Intelligenz wird so immer intelligenter. Vor Jahren hatte die Google-Tochter Deepmind mit ihrem „AlphaGo“-Roboter erstmals einen Menschen im Brettspiel „Go“ geschlagen – damals eine Sensation, weil das Spiel wegen seiner vielen Varianten als nicht berechenbar galt. Heute ist Google noch einen großen Schritt weiter. Das neue Modell „AlphaGo Zero“ bekam nur die Spielregeln programmiert und brachte sich die Spieltechnik selbst bei. Jetzt ist es besser als sein Vorgänger.

Roboter werden jeden fünften Arbeitsplatz besetzen

In der Arbeitswelt weiß man, dass Roboter in Zukunft viele der Jobs erledigen werden, die heute noch von Menschen gemacht werden. Glaubt man der OECD, werden in Deutschland in den nächsten 15 bis 20 Jahren ein Fünftel der Arbeitnehmer von Robotern und Software verdrängt. Der Prozess läuft bereits – weitgehend ungesteuert. Denn die Politik tut sich schwer damit, Leitplanken einzuziehen. Was soll mit den Menschen geschehen, deren Arbeit der Kollege Roboter schneller und billiger ausführt? Wer sorgt dafür, dass Betroffene weitergebildet werden und neue, vielleicht sogar bessere Aufgaben bekommen? Und was bleibt dem Menschen vorbehalten? Hoffentlich das Personalwesen. Mag der Computer auch eine Vorauswahl treffen, das letzte Wort muss ein Mensch haben. Nicht ohne Grund heißt das Personalwesen ins Englische übersetzt „Human resources“. Übrigens: HAL 9000 wird im Film zum Killer. Keine gute Zukunftsvision.

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