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Wirtschaft: Zu früh verraten

Per Kunstgriff wollten Euro-Länder Athens Schulden drücken. Weil das rauskam, klappt es vorerst nicht.

Frankfurt am Main - Mit einem finanzmarkttechnischen Kunstgriff wollten die Euro-Länder den Griechen etwas von der Schuldenlast nehmen. Als die Idee bekannt wurde, reagierten die Märkte sofort. Damit ist der beste Zeitpunkt, um den Trick anzuwenden, schon verpasst.

Dabei war die Strategie, auf die sich Finanzminister Wolfgang Schäuble mit seinen Amtskollegen in der Nacht zum Dienstag geeinigt hatte, gar nicht ganz neu: Jörg Asmussen, Ex-Finanzstaatssekretär und heute Mitglied des Direktoriums der EZB, hatte sie schon Anfang Oktober ins Spiel gebracht. Im Prinzip geht es darum, der griechischen Regierung den Rückkauf eines Teils der Schulden zu ermöglichen. Konkret wollte man Athen einen Zehn-Milliarden-Kredit des Rettungsfonds EFSF gewähren. Mit dem Geld könnte die dortige Notenbank etwa 30 Milliarden Euro an ausstehenden Schulden zurückkaufen, weil diese derzeit nur zu rund 30 Prozent des Nominalwertes gehandelt werden.

Finanzexperten sprechen von einer guten Möglichkeit, mit der sich Griechenland zumindest etwas Luft verschaffen und einen Teil seiner Schulden von insgesamt 344 Milliarden Euro reduzieren kann. Die Schuldenquote könnte um immerhin fünf Prozentpunkte sinken. Uwe Angenendt, Chef-Volkswirt der BHFBank hält diesen Weg gar für eine „Super-Idee“, vor allem auch weil kein Steuergeld ins Spiel kommt.

Allerdings sind die Preise schon deutlich gestiegen und die Renditen gefallen, womit der Effekt eines Rückkaufs gedämpft wird. Am Donnerstag lag die Rendite für zehnjährige griechische Staatsanleihen bei rund 16 Prozent und damit so niedrig wie noch nie seit dem Schuldenschnitt im Frühjahr. Im Juni waren es noch 30 Prozent.

Die Europäer wollen den Griechen aus Mitteln des Rettungsfonds EFSF die zehn Milliarden Euro leihen, dafür aber nur die Einstandskosten berechnen. Die griechische Regierung soll mit diesem billigen Geld an private Gläubiger herantreten und ihnen ein Angebot zum Rückkauf griechischer Staatsanleihen machen. Nach Angaben der Commerzbank halten vor allem Banken und Hedgefonds griechische Schuldtitel im Volumen von rund 70 Milliarden Euro, Asmussen hatte Anfang Oktober sogar von 100 Milliarden Euro gesprochen. Allerdings könne der Rückkauf für einige mit herben Verlusten verbunden sein, weil sie die Papiere im Rahmen des Schuldenschnitts zum Nominalwert, also zu 100 Prozent, bekommen haben. Andere profitieren, weil sie Anleihen möglicherweise nur zu 20 Prozent des Nominalwertes gekauft haben. Beide Gläubiger allerdings verhindern durch den Verkauf einen möglichen Totalverlust im Falle einer Pleite Griechenlands.

Nach Ansicht von Mario Mattera vom Bankhaus Metzler könnte diese Geschichte private Gläubiger veranlassen, die Papiere doch zu halten in der Hoffnung auf weiter steigende Kurse. Tatsächlich wäre der Effekt einer solchen Rückkaufaktion dann am größten, wenn sie still und leise über die Bühne gehen würde. Diesen Zeitpunkt hätten die europäischen Schuldenmanager aber längst verpasst. Rolf Obertreis

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