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Wirtschaft: Zukunft ohne Fusion

Die Wirtschaftsförderung soll getrennt bleiben

Berlin - Jahrelang war von einem Wirtschaftsraum Berlin-Brandenburg die Rede, der gemeinsam vermarktet werden müsse – damit ist jetzt Schluss. In einem Strategiepapier empfiehlt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, die Fusion der beiden Wirtschaftsförderungsgesellschaften Berlin Partner und Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) vorerst nicht weiterzuverfolgen. Zwar könne man sich „ein gemeinsames Dach“ vorstellen, aber Berlin müsse sich künftig vor allem um Berlin kümmern. „Keine faulen Kompromisse mit Brandenburg mehr eingehen“, lautet eine der IHK-Empfehlungen an die Politik.

„Wir werden die Länderfusion nicht mehr in unserem aktiven Berufsleben erleben“, begründete IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder den Vorstoß. Die Region sei aber nur durch die Bundeshauptstadt wirtschaftlich stark und in der ganzen Welt bekannt: „Berlin ist nicht Finsterwalde.“ Deswegen müsse Berlin seine Ansiedlungspolitik forcieren, auch um die höheren Förderquoten Brandenburgs auszugleichen.

„Wir sind nicht auf Krawallkurs aus“, sagte IHK-Präsident Eric Schweitzer. Aber Berlin dürfe nicht zuschauen, wie Brandenburg seine Interessen durchsetze. So werde der Flughafen Finow ausgebaut, während Tempelhof auch für die kleinen Geschäftsflieger geschlossen werden solle. Am Ende starteten womöglich Easyjet und Ryanair von Finow und nicht von Schönefeld, befürchtete Schweitzer.

Berlin zeigte sich bemüht, den Eindruck einer Konfrontation mit Brandenburg zu vermeiden. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) sagte dem Tagesspiegel, bei der Zukunft der Wirtschaftsfördergesellschaften denke der Senat genauso wie die IHK. „Keine Fusion, aber ein gemeinsames Dach: Das ist auch unsere Position.“ Hier sei er sich überdies auch mit Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghans (CDU) einig.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte der eigentlich für das kommende Jahr geplanten Fusion der beiden Wirtschaftsfördergesellschaften eine Absage erteilt. Erst im März sagte er, nach der ablehnenden Haltung Brandenburgs zur Länderfusion wolle er zwar keinen Standortwettbewerb gegen das Nachbarland starten, aber vermeiden, „dass mir die Brandenburger da reinfummeln“. Das Verhältnis von Wowereit zum brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) gilt als mäßig. Das könnte ebenso eine Rolle spielen bei der Abgrenzung wie das nicht sonderlich gute Verhältnis der Berliner IHK zu Brandenburgs Kammern.

Die Wirtschaftsförderer selbst betonen die Fortschritte und weiteren Perspektiven ihrer Zusammenarbeit. Am Dienstag erst trafen sich die beiden Chefförderer Detlef Stronk (Brandenburg) und René Gurka (Berlin), um ein gemeinsames Ansiedlungsteam rund um den Flughafen Schönefeld auf den Weg zu bringen. Gurka sagte auf Anfrage: „Wir arbeiten eng zusammen.“ Über die Frage einer Fusion der beiden Institutionen müssten indes „nicht nur die beiden Landesregierungen entscheiden, sondern auch unsere Gesellschafter“. An den von Gurka geführten Berlin Partnern sind private Unternehmen zu 45 Prozent und IHK und Unternehmensverbände (UVB) zu jeweils fünf Prozent beteiligt. Anders als die IHK sind die UVB Anhänger einer Fusion der Fördergesellschaften. Das gilt auch für ZAB-Geschäftsführer Stronk. „Ich persönliche bin und bleibe Anhänger einer Vollfusion“, sagte Stronk dem Tagesspiegel. Beim Wettkampf der Regionen müssen wir mit einer Stimme sprechen“, meinte Stronk weiter. Das von der Berliner IHK vorgeschlagenen gemeinsame Dach sei „natürlich eine Übergangslösung“. mod/alf

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