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Wirtschaft: Zwischen Sorge und Hoffnung

Auch die chinesische Solarindustrie kämpft mit dem Preisverfall – und könnte in Deutschland investieren.

Peking - Es ist nicht so, als ob die chinesische Solarindustrie in der gegenwärtigen Branchenkrise keine Probleme hätte. Im Gegenteil, im März rief der chinesische Hersteller Yingli bei einer öffentlichen Ausschreibung für ein 30 Megawatt-Projekt in der Provinz Ningxia so niedrige Preise für seine Solarmodule auf, dass sie auch die einheimischen Konkurrenten schockierten. „In Zukunft könnten wir sogar erleben, dass die Preise unterhalb der Kosten liegen werden“, warnte Gao Jifan, Vorsitzender des Yingli-Rivalen Trina Solar. In Ningxia scheint dies bereits eingetreten zu sein: Yingli bot 0,53 Cent pro Watt, doch die Herstellungskosten liegen zurzeit bei 0,63 Cent pro Watt.

Während die deutsche Solarindustrie unter dem Preisverfall, Überkapazitäten und den negativen Auswirkungen der Förderkürzungen in Deutschland und Italien leidet, kämpft auch Chinas Solarindustrie, die weltweit mehr als die Hälfte aller Solarkollektoren fertigt und sie zu 95 Prozent ins Ausland exportiert, mit den widrigen Umständen. Allerdings ist es im Reich der Mitte noch zu keinen bedeutenden Insolvenzen oder Entlassungen wie in Deutschland bei Q-Cells, Solon, Solar Millennium oder zuletzt bei First Solar in Frankfurt an der Oder gekommen.

Weil die chinesischen Hersteller durch illegale Hilfen der Regierung Wettbewerbsvorteile besitzen, behaupten einige deutsche Wettbewerber wie Solarworld. Das Bonner Unternehmen hatte deshalb in den USA eine Anti-Dumping- und Anti-Subventionsklage gegen China eingereicht. Demnach soll die chinesische Solarindustrie insgesamt 40 Milliarden Dollar an Krediten und Beihilfen durch die staatsnahen chinesischen Banken erhalten haben. Auch seien Polysilizium und Aluminium zu deutlich reduzierten Preisen an die chinesischen Hersteller verkauft worden, hieß es in der US-Klage.

Die Vizegeneralsekretärin des chinesischen Fotovoltaikverbandes hält dagegen. Eine Uberprüfung im Zuge der Klage beweise eher das Gegenteil, sagt Gao Hongling. „Sie haben eine strenge Untersuchung durchgeführt, aber als Beweise fanden sie nur Subventionen, die im Vergleich mit den USA sehr gering sind.“ Das bestätige auch die vorläufige Entscheidung des US-Handelsministeriums, einen durchschnittlichen Importzoll von nur 3,61 Prozent für die chinesischen Unternehmen zu verhängen. Im Vorfeld waren Strafzölle von bis zu 100 Prozent im Gespräch gewesen. „Die Klage war unbegründet“, sagt Gao Hongling, die Subventionen für US-Firmen fielen deutlich höher aus als die für chinesische Hersteller. Allerdings steht eine endgültige Entscheidung noch aus. Den Grund dafür, dass China die führende Stellung unter den Fotovoltaikproduzenten übernommen hat, führt die Vertreterin des chinesischen Verbandes auf die hochwertige Qualität und Effizienz der einheimischen Produkte zurück. „Man kann sagen, dass Chinas hohe Qualität und der geringe Preis der Solarproduktionen einen großen Beitrag zur Entwicklung der globalen Solarindustrie geliefert haben“, sagt Gao Hongling.

Experten erwarten in diesem Jahr eine globale Marktkapazität für Fotovoltaikanlagen von 27 bis 32 Gigawatt, die Hersteller besitzen eine Überkapazität von weiteren 20 Gigawatt. Allein bis zu sechs Gigawatt könnten in China installiert werden, es wäre eine Verdoppelung des chinesischen Fotovoltaikmarktes. Bisher ist die Volksrepublik hinter Italien und Deutschland der drittgrößte Markt der Welt, in diesem Jahr könnte er aufgrund von Förderprogrammen der chinesischen Regierung zum wichtigsten aufsteigen.

Schon heute ist China der größte Energieverbraucher der Welt und will seinen wachsenden Bedarf auch durch erneuerbare Energien stillen. „Um dem Optimismus gerecht zu werden, den dieses Wachstumspotenzial geweckt hat, haben neulich sowohl chinesische als auch internationale Systementwickler aggressive Pläne bekannt gegeben, um quer durch China zu expandieren“, sagt Ray Lin, Analyst beim Marktforschungsinstitut Solarbuzz. Und auch als Investoren könnten Chinesen deutschen Solarunternehmen zu Hilfe kommen. „Wir sind sicherlich interessant für eine Reihe asiatischer Großkonzerne“ sagt Conergy-Vorstandschef Philip Comberg. So kommt es, dass China in der deutschen Solarbranche widersprüchliche Gefühle hervorruft: Es bereitet große Sorgen – und weckt große Hoffnungen. Benedikt Voigt

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