zum Hauptinhalt
Planet im ersten Stock. Das Testgelände des TU-Teams im ersten Stock des Instituts für Luft- und Raumfahrt.

© Christian Mang

Allein in unbekanntem Gelände: Roboter auf Schatzsuche

Bei einem Wettbewerb in einer Motocrosshalle im Rheinland sollen die rollenden Gefährte selbstständig Objekte aufspüren – und so die Weltraumforschung voranbringen.

Kubikmeterweise Sand haben sie herangeschafft und im ersten Stock eine künstliche Planetenoberfläche geschaffen. Hinten rechts liegen etwas feinere Körner, daneben grobe Kiesel, in der Mitte thront ein kleiner Hügel mit steilen Flanken. Sie wollen auf alles gefasst sein, jeden Untergrund, jede Neigung. Doch der Roboter, der diese karge Welt erkunden soll, steht still. Softwareprobleme. „Eigentlich wollten wir heute bisschen Navigation üben“, sagt Cem Avsar vom Institut für Luft- und Raumfahrt an der Technischen Universität Berlin. „Das wird erst mal nichts.“

Er und sein Team stecken mitten in den Vorbereitungen für den „SpaceBot-Cup“, der Anfang kommender Woche ausgetragen wird. Dabei sollen Roboter binnen einer Stunde in unbekanntem Gelände drei verschiedene Objekte finden und zusammenführen. Zehn Teams aus ganz Deutschland haben sich qualifiziert, zwei davon aus Berlin. Ausgeschrieben und mit 50 000 Euro pro Teilnehmer unterstützt hat ihn das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dahinter steht das Ziel, im Weltraum künftig mehr und bessere Roboter einzusetzen.

Bis zu einer echten Erkundungsreise zu Mond oder Mars ist es dennoch ein großer Sprung, nicht nur was die Entfernung betrifft. Darum wurden den überwiegend studentischen Teams die größten Schwierigkeiten erlassen wie kosmische Strahlung, die die Technik unter Dauerbeschuss nimmt, und die Landung, die jeden Rover an die Belastungsgrenzen (und manchmal auch darüber) bringt. Dafür hatten sie nur sieben Monate Zeit, um ihre Robos für den Wettkampf in einer Motocrosshalle bei Bonn fit zu machen.

„Das größte Problem ist die Navigation“, sagt Raul Rojas, Informatiker an der Freien Universität (FU), die das zweite Berliner Team im Wettbewerb stellt. „Es gibt keine markanten Punkte wie Bäume oder Häuser, an denen sich unser Roboter orientieren kann.“ Darum soll ihr „Baer“ (Boden Analyse Explorations Roboter) die Landschaft mithilfe eines Bündels von Laserstrahlen vermessen, um sich selbst eine Karte der Hügel und Täler zu basteln. Alsdann wird sich die sechsrädrige Plattform durch die Crosshalle – pardon: über den fremden Planeten – mehr oder weniger selbstständig bewegen. „Es wird keine Fernsteuerung geben, sondern nur einen ungefähren Befehl wie: Schau mal da hinten in der Ecke nach“, erläutert Rojas. „Dann muss sich der Roboter selbst kümmern.“

Das Ziel ist es, ein Wasserglas zu finden sowie eine Batterie und beides heil zu einer Basisstation zu schaffen. Die Batterie soll in die Station gesteckt und ein Schalter umgelegt werden – ein sehr anspruchsvolles Programm, das zumindest die Berliner Teams nur teilweise umsetzen werden. Beide haben einzelne Anforderungen ausgewählt, die sie bewusst weglassen, um sich auf den Rest zu konzentrieren und überhaupt durchzukommen. „Einen Platz im Mittelfeld“ erhofft sich das TU-Team mit seinem Rover „Sear“ (Small Exploration Rover). „Hauptsache wir sind nicht die Letzten“, sagt der FU-Informatiker Rojas.

Die Technik könnte auch in der Landwirtschaft oder gegen Weltraumschrott eingesetzt werden

Ob diese Parolen vornehmer Zurückhaltung geschuldet sind oder eine realistische Einschätzung der Fähigkeiten, wird sich am Montag und Dienstag zeigen. Während ihre Studentinnen und Studenten in diesen letzten Tagen unermüdlich friemeln, testen, umbauen und wieder testen, schauen zumindest die beiden Projektleiter schon weiter in die Zukunft.

„Unabhängig davon, wie wir abschneiden, haben alle im Team richtig viel gelernt“, sagt Avsar. Vom Antrieb des Rovers über die Steuerung bis hin zur eigenständigen Erkundung eines fremden Geländes oder zur automatischen Objekterkennung. „Diese Fähigkeiten können unsere Absolventen später im Beruf einbringen, sie nutzen uns aber auch hier am Institut.“ Dort arbeiten die Wissenschaftler beispielsweise an dem Problem Weltraumschrott. „Langfristig brauchen wir Techniken, um alte Satelliten oder Trümmer einzufangen und zu entsorgen“, sagt Avsar. „Das ist eine komplexe Aufgabe, der Abschleppdienst im All lässt sich nicht mit einem Joystick von der Erde aus steuern.“ Für die behutsame Annäherung an die Objekte und das Ergreifen seien die Erfahrungen mit autonomen Robotern auf der Erde überaus hilfreich.

Auch der FU-Informatiker Rojas setzt auf das neue Wissen. „Jedes Element, das wir zum Laufen bringen, kann auch in einem völlig anderen Zusammenhang genutzt werden“, sagt er. Zum Beispiel für Roboter in der Landwirtschaft, die eigenständig ernten oder die jeweils optimale Menge an Düngemitteln ausbringen sollen. „Da geht es wieder um die Orientierung in einer unbekannten und merkmalsarmen Gegend, genau wie beim SpaceBot-Cup“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false