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Wissen: Bakterien zeigen Arsenbelastung

Leipziger Forscher entwickeln einfachen Test für die Trinkwasseranalyse

Hinter einer Arsenvergiftung stecken in Ländern wie Indien oder Bangladesh selten kriminelle Handlungen, sondern ein geologischer Prozess. Wasser löst das giftige Element aus dem Gestein des Himalajas und trägt es unter bestimmten Bedingungen bis in die Grundwasserschichten des Flachlands – wo aus zahlreichen Brunnen Trinkwasser gefördert wird. Welcher Brunnen tatsächlich in arsenbelastete Wasserschichten reicht, ist meist unbekannt, weil sich der Gehalt des Metalls bisher nur mit aufwendigen Analysen sicher bestimmen ließ. Daher sind mehr als 100 Millionen Menschen allein in Südostasien durch Arsenvergiftungen bedroht.

Ihnen dürfte ein preiswerter Test helfen, den Hauke Harms und Mona Wells vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig gemeinsam mit Jan-Roelof van der Meer von der Universität Lausanne entwickelt haben. Für ihre Arbeit erhielten die Wissenschaftler jetzt den mit 50 000 Euro dotierten Erwin-Schrödinger-Preis der Helmholtz-Gemeinschaft.

Große Mengen Arsen sind für viele Organismen giftig, weil ihr Organismus Arsenverbindungen mit dem lebensnotwendigen Phosphat verwechselt. In den Zellen stört Arsen den Energiestoffwechsel und die Reparatur des Erbgutes. Manche Organismen wie bestimmte Stämme des Bakteriums Escherichia coli haben gelernt, mit Arsen umzugehen: Sie verwandeln die giftige Verbindung in eine andere Form und schleusen sie einfach wieder aus. Diese Arsenresistenz basiert auf einer Erbeigenschaft – genau die machten sich die Forscher zunutze.

Vor diesem Arsen-Resistenz-Gen sitzt eine Art Schalter, der von einem Eiweiß in die „Aus“-Stellung gedrückt wird. Gelangen Arsenverbindungen ins Bakterium, entfernen sie dieses Eiweiß, der Schalter springt auf „An“ und aktiviert die Erbinformation. In die Nähe dieses Arsen-Schalters haben Jan-Roelof van der Meer und sein Team mit molekularbiologischen Methoden eine andere Erbeigenschaft gesetzt, die angeschaltet wird, sobald Arsen in der Zelle auftaucht. Dabei handelt es sich um ein Lumineszenz-Gen, das zum Beispiel die Leuchtorgane von Fischen durch eine biochemische Reaktion leuchten lässt. Wie in diesen Tieren entsteht auch im Bakterium ein Protein, das Licht ausstrahlt. Je mehr Arsen die Mikroorganismen aufnehmen, umso intensiver wird dieses Licht.

Damit Laien diese Bakterien für einen Arsentest nutzen können, haben die UFZ-Forscher ein einfaches Prüfsystem entwickelt: Zunächst werden die Bakterien gefriergetrocknet und können so in Teströhrchen längere Zeit aufbewahrt werden. In Bangladesch füllt man dann einfach etwas Wasser aus einem verdächtigen Brunnen in das Röhrchen und weckt so die Bakterien aus ihrem Schlaf. Nach zwei Stunden arbeiten die Organismen auf Hochtouren und der Tester schiebt das Röhrchen in einen Luminometer, das die Größe eines Festnetz-Telefons hat und zehn Sekunden lang die Lichtstärke misst. Je stärker die Bakterien leuchten, umso mehr Arsen ist im Wasser. Das System bestimmt die Konzentration des giftigen Elements inzwischen genauer als einfache chemische Tests. Dabei wird nur das Arsen erfasst, das tatsächlich von Organismen aufgenommen wird und diesen gefährlich werden kann.

„Ein bis zwei Euro kostet ein Arsentest, wenn wir die Teströhrchen im Labor herstellen“, berichtet Harms. In Zukunft soll ein eigens für diesen Zweck gegründetes Unternehmen die Teströhrchen noch billiger produzieren. Roland Knauer

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