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Berlins Regierender Bürgermeister wird mit den Hochschulen schon sehr bald über neue Hochschulverträge für die Jahre von 2018 bis 2022 verhandeln. Da gibt es manches zu besprechen.

© dpa/p-a

Berliner Koalitionsvertrag: Fünf Jahre Hochschule mit Rot-Rot-Grün

Mehr sichere Arbeitsplätze und mehr Freiräume im Studium, plant die Koalition. Bei den Finanzen für die Hochschulen sind noch manche Fragen offen.

Was kommt in der neuen Legislaturperiode auf Berlins Hochschulen zu? Dass es einen moderaten Anstieg der Mittel von jährlich 3,5 Prozent gibt, ist bekannt. Aber die Hochschulpräsidenten stehen auf dem Standpunkt, dass die jährlich zusätzlichen 36 bis 40 Millionen Euro gerade einmal die steigenden Personal- und Energiekosten abfangen. Sehr wahrscheinlich überträgt der Regierende Bürgermeister Michael Müller den Hochschulen in den neuen Hochschulverträgen aber auch zusätzliche Aufgaben. Ob er ihnen dafür auch zusätzliche Mittel gibt, wird sich zeigen.

Offene Fragen bei der Finanzierung

Außerdem ist noch unklar, wie die jährlich zusätzlichen 36 bis 40 Millionen Euro über die Hochschulen verteilt werden. Die Humboldt-Universität moniert schon lange, sie werde beim Landeszuschuss gegenüber der FU benachteiligt. HU-Präsidentin Sabine Kunst hat sich wie ihr Amtsvorgänger bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft beklagt. Dem Vernehmen nach geht es um etwa acht Millionen Euro. Die Senatsverwaltung prüft die Argumente der HU. Ob die FU am Ende etwas abgeben muss, ist offen.

Unklar ist auch, welcher Anteil der Mittel auf die Fachhochschulen entfallen wird. Der Koalitionsvertrag sieht vor, die Studienkapazitäten nicht allgemein, sondern nur in den Bereichen Verwaltung, Gesundheit, Pädagogik und Soziale Arbeit „massiv auszuweiten“ – dies verlange die Lage in der „wachsenden Stadt“. Die genannten Fächer bieten besonders die Fachhochschulen an. Müssen die FHs darum bei der Verteilung der Mittel zwischen den Hochschulen mehr Geld bekommen, was zulasten der Unis ginge? Die Senatsverwaltung will sich dazu im Moment nicht äußern. Andreas Zaby, der Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) ist aber sicher, dass das Geld wie bislang von den Senatsverwaltungen kommen wird, die die zusätzlichen Absolventen für den Verwaltungs- und Polizeidienst bestellen.

Die Fachhochschulen wünschen aber auch davon unabhängig deutlich mehr Studienplätze im Master. „Dafür brauchen wir zusätzliches Geld“, sagt Zaby. Auch die Digitalisierung oder zusätzliche Beratungsangebote seien „nicht zum Nulltarif“ zu haben.  

Mehr sichere Arbeitsplätze

Die Koalition kündigt einen „Paradigmenwechsel“ beim Personal an Berlins Hochschulen an: für Daueraufgaben sollen Dauerstellen geschaffen werden, auch ohne Lebenszeitprofessur soll es möglich sein, eine Dauerposition in der Wissenschaft zu bekleiden. Ob der Senat den Hochschulen hierfür konkrete Vorgaben machen wird, ist offen. TU-Präsident Christian Thomsen sagt, an der TU gebe es für Daueraufgaben schon jetzt Dauerstellen. Allerdings nähmen auch Lehrbeauftragte dauerhafte Aufgaben wahr, etwa beim Fremdsprachenunterricht. „Aber da kann die TU es sich nicht leisten, alle zu entfristen."

Eher kritisch sieht Thomsen das Ziel der Koalition, auch in Drittmittelprojekten teilweise unbefristete Beschäftigte arbeiten zu lassen: "Ich verstehe den Wunsch, aber das wird schwierig“, sagt er. „Bei den meisten Drittmittelprojekten werden Ziele verfolgt, die von stark spezialisierten Kräften bearbeitet werden müssen."

 Mehr Forschung an Fachhochschulen

Bislang gab es an den FHs keinen wissenschaftlichen Mittelbau, der die Professorinnen und Professoren bei der Forschung unterstützt. Nun soll es als Einstieg pro Professur 0,25 Stellenanteil geben. HWR-Präsident Zaby irritiert zwar die Formulierung im Koalitionsvertrag „werden angestrebt“. Aber kommt es wirklich zu den Mitarbeitern, „sind wir sehr zufrieden“.

Die Mittel für das Institut für Angewandte Forschung Berlin (IFAF), über das Forschungsprojekte mit Unternehmen finanziert werden, werden verdoppelt. Zusätzlich bezuschusst das Land jeden über das IFAF von Privaten eingeworbenen Euro mit 50 Cent. Die Koalitionäre kündigen an, das Recht von Fachhochschulabsolventen in kooperativen Promotionen mit Unis durchzusetzen. Sie wollen auch prüfen, ob den Fachhochschulen ein Promotionsrecht verliehen werden kann. Letzteres ist womöglich als Drohung für den Fall zu verstehen, dass die Fakultäten der Unis FH-Absolventen auch weiter nur selten promovieren.

Zankapfel Lehramtsstudierende

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Universitäten die Zahl der Lehramtsabsolventen gegenüber den 1000 im letzten Hochschulvertrag vereinbarten verdoppeln.  "Wir werden es nicht schaffen, 2000 Lehramtsabsolventen im Jahr bereitzustellen“, sagt jedoch FU-Präsident Peter-André Alt. Besonders in den Naturwissenschaften und in Informatik gebe es nur sehr wenige Bewerber. Allerdings verweist man in der Senatsverwaltung auf die vielen Studierwilligen für die Grundschulpädagogik und darauf, dass die Unis schon jetzt ihre Studienplätze deutlich erhöht haben.

Im Lehrerstudium schafft die Koalition für den Unterricht an Oberschulen einen einheitlichen Master. Die CDU hatte im vergangenen Jahr aus Angst vor dem „Einheitslehrer“ einen getrennten Ausbildungsweg für Gymnasiallehrer durchgesetzt. Das ist nun Geschichte.

 Mehr Freiräume im Studium

Die „Selbstbestimmung im Studium“ soll gestärkt werden, heißt es im Koalitionsvertrag. Wie noch vorhandene Übertreibungen bei der Verschulung identifiziert und abgeschafft werden sollen, lässt die Koalition offen. Für Studienanfänger sollen Orientierungsphasen ermöglicht werden – Vorbild könnte die TU sein, die ein einjähriges Orientierungsstudium „MINT Grün“ anbietet.

Der für ausländische Studienbewerber zuständige Verein „Uni-Assist“ soll weiterentwickelt werden. Internationale Studierende sollten weder finanziell noch strukturell benachteiligt werden, schreiben die Koalitionäre.

Mehr Mitbestimmung

Die Koalition will eine Arbeitsgruppe einsetzen, die Vorschläge „zur Stärkung der Beteiligung aller Hochschulmitglieder an der akademischen Selbstverwaltung“ erarbeitet. Ihr sollen Repräsentanten der Verwaltung, Studierende und andere Hochschulvertreter angehören. Wie aus der SPD zu hören ist, soll die AG eruieren, wie Studierende trotz der hohen Belastung in Bachelor und Master in den Gremien aktiv sein können. Auch soll geklärt werden, ob es „rechtskonforme Lösungen“ für einen stärkeren Einfluss der Mitarbeiter und Studierenden gibt.

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