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Wissen: Brisantes Wissen

WHO diskutiert Studien zu Vogelgrippe-Erreger.

Die beiden bekanntesten unpublizierten Manuskripte der Lebenswissenschaften bleiben vorerst unter Verschluss, sollen aber später vollständig veröffentlicht werden. Das beschlossen Ende letzter Woche 22 Grippe- und Gesundheitsschutzexperten, die sich auf Einladung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf getroffen hatten. Das 60-Tage-Moratorium zu der umstrittenen Forschung an mutierten Vogelgrippeviren, das am 20. Januar dieses Jahres begann, wird um einige Monate verlängert. Ein genauer Zeitplan wurde nicht festgelegt.

2011 war es zwei Forschergruppen in den Niederlanden und den USA unabhängig voneinander gelungen, das gefährliche Vogelgrippevirus H5N1 im Labor so zu verändern, dass es wie die saisonale Grippe über die Luft von Frettchen zu Frettchen übertragen werden kann. Frettchen sind das beste verfügbare Tiermodell für Grippeinfektionen von Säugetieren – einschließlich Menschen.

Die Forscher widerlegten damit die These, dass sich das Vogelgrippevirus nicht gut an den Menschen anpassen kann. Eine natürlich auftretende Pandemie mit H5N1 kann nun nicht mehr als ein aus der Luft gegriffenes Horrorszenario abgetan werden. Die Folgen wären katastrophal: Mehr als die Hälfte der knapp 580 Vogelgrippe-Patienten, die sich seit 2003 bei Tieren angesteckt hatten und schließlich ins Krankenhaus kamen, starben. Zwar ist nicht bekannt, wie viele Infektionen harmlos verlaufen. Doch das Virus ist um ein Vielfaches gefährlicher als die Spanische Grippe von 1918. Außerdem ist unser Immunsystem nicht auf den Angriff solcher neuen Grippeviren vorbereitet.

Seit Details der Forschungsergebnisse an die Öffentlichkeit kamen, ist die Rede von einem Supervirus. Im Dezember empfahl das Gremium der US-Regierung für Biosicherheit, nur die Schlussfolgerungen zu veröffentlichen. Ende Januar 2012 entschieden sich Grippeforscher weltweit zu einem 60-tägigen Moratorium, um zu einer international akzeptierten Lösung im Umgang mit der Vogelgrippe aus dem Labor zu kommen.

Die Diskussion der WHO-Gruppe war entsprechend hitzig, sagte Keiji Fukuda, WHO-Sonderberater für Grippe-Pandemien. Die Gruppe einigte sich darauf, dass die Forschung zu den mutierten Vogelgrippeviren von globaler Bedeutung sei und weitergehen müsse. Um die Weltbevölkerung besser vor Pandemien zu schützen, sei es ratsam, die kompletten Studien und nicht nur die Schlussfolgerungen zu publizieren. Das Moratorium solle vorerst um einige Monate verlängert werden, um die Öffentlichkeit über die Arbeit an den Viren aufzuklären, die Sicherheitsstandards im Umgang mit den Viren zu überdenken und den Missbrauch auszuschließen. Jana Schlütter

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