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Studieren in Deutschland. 28 000 Studierende aus China sind hierzulande eingeschrieben. Viele zieht es an Technische Universitäten, wie die in Clausthal-Zellerfeld.

© picture-alliance/ dpa

Chinesische Studierende in Deutschland: FH Anhalt statt Uni Peking

Technikfächer ziehen, billige Universitäten ebenso: Chinesische Studierende machen die größte Gruppe aus dem Ausland an deutschen Hochschulen aus.

Technik made in Germany hat noch immer einen Ruf wie Donnerhall, die Hochschulen sind günstig, das Fach kann man sich fast aussuchen – und dann sind die Deutschen sogar Fußball-Weltmeister. So lässt sich, etwas zugespitzt, zusammenfassen, warum es junge Chinesen zum Studium nach Deutschland zieht. Längst machen sie mit rund 28 000 Studierenden die größte Gruppe aus dem Ausland an deutschen Hochschulen aus. Deutschland zählt unter Chinesen zu den Top-Ten-Zielländern, wenn sie im Ausland studieren wollen.

Keine Studiengebühren? Chinesen sind überrascht

Nun hat das Berliner Mercator Institute for China Studies (Merics) 569 chinesische Studierende in Deutschland befragt, warum sie sich für ein Studium hierzulande entschieden haben (hier die gesamte Studie). Dass deutsche Hochschulen keine Studiengebühren nehmen, spielt in der Tat eine entscheidende Rolle. 43 Prozent sagten, dass das für sie ausschlaggebend war.

Die Studie führt Statistiken an, wonach in Deutschland ein sechsjähriges Studium inklusive Lebenshaltungskosten rund 50 000 Euro kostet. An einer mittelmäßigen US-Uni wie der in Iowa müsste dagegen neunmal mehr bezahlt werden. Viele in China könnten gar nicht glauben, dass deutschen Unis für Ausländer kaum Gebühren erheben, heißt es. Die Deutschen sollten das bloß nicht zu sehr kommunizieren, sonst würden ihre Hochschulen von Chinesen überrannt, wird ein Sprachlehrer aus Peking zitiert.

Deutschland als Discount-Land?

Ist Deutschland also einfach nur als Discount-Land unschlagbar? Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Für 53 Prozent ist das Studienangebot wichtig  und 47 Prozent interessieren sich besonders für die deutsche Kultur. Während sich Chinesen, die an angelsächsische Unis gehen, vor allem für Wirtschafts-Fächer entscheiden, ist Deutschland wegen seiner Technik-Fächer attraktiv. Die Mehrzahl der Chinesen ist in Deutschland tatsächlich an Technischen Universitäten eingeschrieben. Führend ist die Uni Duisburg-Essen mit 1345 chinesischen Studierenden, vor der Uni Stuttgart (1088) und der RWTH Aachen (999). An der TU Berlin sind 695 chinesische Studierende eingeschrieben, weniger übrigens als an der FH Anhalt (873).

Über die Studieninhalte sind Chinesen hierzulande vorab oft besser informiert als ihre Landsleute in den USA, was für die gezielte Wahl eines Studiengangs spricht. Ebenso aber zählen „weiche“ Imagefaktoren: deutsche Firmen, deutsche Gründlichkeit – und eben auch der sportliche Erfolg der Fußballnationalelf, der auf das Land abstrahle.

Eltern in China wollen Freiheit für ihre Kinder

Dass immer mehr junge Chinesen im Ausland studieren wollen, hängt auch mit der Qualität der dortigen Hochschulen zusammen. Viele Eltern seien unzufrieden: „Ein Studium im Ausland ist eine Flucht vor einem als unzureichend wahrgenommenen chinesischen Bildungssystem“, heißt es. Eltern erhofften sich von einem Auslandsaufenthalt mehr Freiheit und Kreativität für ihre Kinder. Nicht zuletzt wollen viele die rigide zentrale Aufnahmeprüfung für chinesische Unis, das „Gaokao“, umgehen, deren Ergebnis über die Wahl des Faches bestimmt.

49 Prozent der Befragten könnten sich sogar vorstellen, nach dem Studium in Deutschland zu bleiben. Verwirklicht wird das aber bislang nur von wenigen. Das liegt nicht nur an den relativ strengen Aufenthaltsbestimmungen nach Ende des Studiums. Viele jungen Chinesen würden trotz des Studiums kein Deutsch sprechen, sich selbst von anderen abgrenzen oder ausgegrenzt werden, heißt es. Viele vermissten auch einfach das chinesische Essen.

Hohe Abbruchquote unter ausländischen Studierenden

Schon eine Umfrage des Deutschen Akademischen Austauschdienstes aus dem vergangenen Jahr ergab, dass sich insbesondere Studierende aus Asien mehr soziale Kontakte und eine größere Unterstützung bei Freizeitaktivitäten wünschen. Bekannt ist auch, dass die Abbruchquote unter ausländischen Studierenden deutlich höher ist als bei Bildungsinländern. Das Merics-Institut fordert hier eine intensivere Betreuung durch die Hochschulen – und E-Learning-Angebote, mit denen sich Chinesen bereits in ihrer Heimat auf einen Auslandsaufenthalt vorbereiten können.

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