zum Hauptinhalt
Stadium in Fortaleza

© picture alliance / dpa

Dengue in Brasilien: Das andere Fußballfieber

Vor allem im Nordosten Brasiliens könnten sich Fans während der Weltmeisterschaft mit dem Denguevirus anstecken.

Sie braucht nicht viel, die Aedes aegypti-Mücke. Selbst ein Teelöffel stehendes Wasser – in einer achtlos abgestellten Flasche oder in der Dusche – reicht ihr, um sich darin fortzupflanzen. Die wuchernden Großstädte Brasiliens mag sie besonders gern. Wenn sie am Tag oder in der Dämmerung losfliegt, um sich am Blut der Menschen zu laben, hat es die Mücke dort nicht weit. Ab Mitte Juni kommen Millionen Fußballfans dazu, die ihre Mannschaften anfeuern wollen.

Unter ihnen könnte sich ein besonderes Fußballfieber verbreiten. Denn die Mücke überträgt unter anderem die vier Subtypen des Denguevirus. Sieben Millionen Menschen haben sich zwischen 2000 und 2013 in Brasilien mit der „Knochenbrecher“-Krankheit Dengue angesteckt, 2013 waren es 1,4 Millionen.

Vier bis sieben Tage nach dem Stich kommt das Fieber. Nicht nur der Kopf schmerzt dann, jede Bewegung wird zur Qual. Für die meisten Patienten ist der Spuk nach einer Woche vorbei. Trotzdem brauchen sie lange, um sich zu erholen. Nur einer von hundert Infizierten erleidet diffuse Blutungen (hämorrhagisches Denguefieber) und Kreislaufversagen (Dengue-Schocksyndrom) und muss auf die Intensivstation.

Wie wahrscheinlich ist ein Ausbruch?

Damit es gar nicht erst so weit kommt, hat nun ein Team um Rachel Lowe vom Katalanischen Institut für Klimawissenschaften in Barcelona die Wahrscheinlichkeit eines Dengue-Ausbruchs in den zwölf Austragungsorten der Weltmeisterschaft für Juni und Juli errechnet. Wie die Forscher im Fachblatt „Lancet Infectious Diseases“ berichten, ist das Risiko im Nordosten des Landes – in Fortaleza und Recife, wo auch die deutsche Mannschaft spielen wird, und in Natal – hoch (mehr als 300 Fälle pro 100 000 Einwohner). Ein mittleres Risiko bestehe in Rio de Janeiro, Belo Horizonte, Salvador und Manaus. Für Brasilia, Cuiaba, Curitiba, Porto Allegre und São Paulo sagen sie ein geringes Risiko voraus.

„Es gab dramatische Schlagzeilen zu Dengue während der Weltmeisterschaft“, sagt Lowe. Eine Prognose für die WM dürfe jedoch nicht nur auf Erfahrungen aus den letzten Jahren basieren. Es gebe viele weitere Faktoren, die einen Ausbruch beeinflussen.

Dass die Aedes-Mücken alle Großstädte Brasiliens bevölkern, bezweifeln die Forscher nicht. Wie viele es aber während der WM sein werden, hängt unter anderem von Hitze und Regen ab. Um für 553 Regionen Brasiliens eine Dengue-Vorhersage zu wagen, analysierten die Forscher deshalb nicht nur die Dengue-Fälle aus den Jahren 2000 bis 2013. Sie bezogen die Wettervorhersagen und Daten zur Bevölkerungsdichte, den Grad der Verstädterung sowie andere geografische und ökologische Daten ein.

Frühwarnsystem für Behörden, nicht für den Einzelnen

Es gehe ihnen nicht darum, den einzelnen Reisenden zu beraten, betonen die Autoren. Vielmehr wollen sie ein Frühwarnsystem für die Behörden schaffen: Wo ist es jetzt besonders wichtig, die Aedes-Mücken zu bekämpfen – bevor nur noch Schadensbegrenzung möglich ist?

In der Region um São Paulo zum Beispiel wurden in diesem Jahr bereits mehr als 5000 Dengue-Fälle gezählt. Doch nun kühlt es sich allmählich ab. Im Nordosten dagegen dauert eine Hitzewelle an.

„Manche Reisende werden sich infizieren und krank werden. Sterben werden aber nur sehr wenige – oder gar keiner“, schreiben David Harley und Elvina Viennet von der Universität in Canberra in einem Kommentar. Für die beiden australischen Wissenschaftler ist die WM gleich doppelt spannend: Sie werden nicht nur die Spiele aus der Ferne verfolgen, sondern auch, ob sich die Vorhersagen ihrer Kollegen bewahrheiten.

So schützt man sich

Es gibt weder eine Impfung gegen Dengue noch ein Medikament. Trotzdem sind Fußballfans dem Virus nicht schutzlos ausgeliefert. Gute Mückensprays (am besten mit dem Wirkstoff DEET) und helle, lose und lange Kleidung helfen dabei, während des Tages Mückenstiche zu vermeiden; außerdem sind Moskitonetze für die Nacht empfehlenswert. In der Unterkunft sollte es keinerlei stehendes Wasser geben, auch nicht in Blumenvasen oder Flaschen.

Wer trotzdem krank wird, sollte nicht einfach in die Reiseapotheke greifen. Denn wer zum Beispiel sein Fieber mit Aspirin senken will, könnte damit seine Lage verschlimmern. Das Medikament wirkt blutverdünnend und kann bei schweren Verläufen von Dengue zu zusätzlichen, lebensgefährlichen Komplikationen führen, betont die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin. Fans, die erst nach der Rückkehr nach Deutschland Fieber bekommen, sollten ihrem Arzt unbedingt sagen, wo sie waren. Dann denkt der Arzt bei der Diagnose auch an tropische Infektionskrankheiten wie Dengue oder Malaria.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false