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© Lisa Rock für den Tagesspiegel

„Der Erbonkel“: Warum Aberglauben mitunter sinnvoll ist

Der 13. Stock, die schwarze Katze von links, auf Holz klopfen – der Hang zur Esoterik steckt tief im Menschen. Denn das Verhalten erfüllt einen bestimmten Zweck.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Das kann ja nur schiefgehen. Ich schreibe die 13. Folge des „Erbonkels“ an einem Freitag und die schwarze Katze der Nachbarn ist mir heute auch über den Weg gelaufen. Von links! Bestimmt übersehe ich diverse Tipfeler oder einer der Sätze bricht mittendrin

Das ist natürlich Unsinn, Aberglauben. Ich bin schließlich Naturwissenschaftler. Andererseits habe ich erst kürzlich von der Oma der Freundin meiner Tante gehört, die in der Nacht vor ihrem Unfall im Traum...

So absurd sich Horoskope, Vorahnungen und böse Omen auch anhören, der Glaube daran ist zutiefst menschlich: ein Verhalten, dass aus der besonderen Fähigkeit unseres Gehirns entspringt, Assoziationen herzustellen, vor allem von Ursache und Wirkung.

Überlebensvorteil Esoterik

Zu erahnen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem knackenden Geräusch im Unterholz und dem wütenden Wildschwein gibt, bevor man es sieht oder seine Hauer zwischen den Beinen stecken hat, kann einem noch heute in manchem Berliner Bezirk die Haut retten. Im Verlauf der Evolution könnte daher auch der Glaube an völlig abstruse Zusammenhänge geholfen haben.

Davon gehen die Evolutionsbiologen Kevin Foster von der Harvard University und Hanna Kokko von der Universität Helsinki aus. Ihre Forschungen zeigen, dass auch die falsche Annahme einer Ursache-Wirkungsbeziehung, ein Aberglaube, einen Überlebensvorteil bieten kann. Denn sind die Kosten, an Blödsinn zu glauben, gering, dann lohnt sich die Investition in das Vermeidungsverhalten, wenn es nur ein, zwei Mal rein zufällig zum Überleben führt: etwa weil der Säbelzahntiger dummerweise an einem 13. Appetit auf Mensch verspürte. Dann trifft es den Logiker, nicht den Esoteriker.

Zwar ist das menschliche Gehirn fähig, tatsächliche Zusammenhänge wie E = mc² zu begreifen, entstanden ist es aber nicht, um die großen Wahrheiten des Kosmos zu erkennen, sondern nur, um den nächsten Augenblick zu überleben. Also höre ich besser mal auf, diesen 13. Erbonkel zu schreiben. Man weiß ja nie.

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