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Wissen: Der „Macher“ geht

Die Uni-Chefs bedauern Senator Zöllners Abschied

Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) macht in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr weiter. Für die Berliner Hochschulen geht damit eine bewegte Phase zu Ende. Denn anders als sein Vorgänger Thomas Flierl (Linke) trat Zöllner in der Wissenschaft gerne als „Macher“ in Erscheinung.

Zuerst rang er mit den Unis um eine neue „Super-Uni“. Heraus kam nach manchen Querelen zwar nicht die von Zöllner gewollte neue Berliner Elite-Uni. Wohl aber eine Einrichtung für die Forschungsförderung, die „Einstein-Stiftung“. Noch fließen dort nur Mittel vom Land. Doch Zöllner hat mit der Stiftung ein Gefäß für Zustiftungen geschaffen. Von privater Seite ist zwar wenig zu erwarten, vielleicht aber ja vom Bund. Jedenfalls verhandelt Zöllner mit Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) über eine Liaison der Charité mit dem überwiegend vom Bund finanzierten Max-Delbrück-Zentrum. Dabei könnte auch die Einstein-Stiftung eine Rolle spielen.

Wieder gegen manche Widerstände schuf Zöllner für die Berliner Hochschulen ein neues zu 80 Prozent leistungsbasiertes Finanzierungsmodell. Für jede Hochschule wird genau abgerechnet, was sie in der Forschung leistet und wie viele Studierende sie hat. Allerdings haben die Hochschulen nicht den Eindruck, dass alle Leistungen wirklich finanziert werden. Auch ist das System nach oben gedeckelt, so dass die Unis auch dann nicht mehr Geld bekommen, wenn sie sich erheblich steigern.

Kritik von Seiten der Hochschulen gab es auch bei den Verhandlungen über die neuen Hochschulverträge für die Zeit bis 2013. Von Jahr zu Jahr basiert die Finanzierung der Hochschulen danach mehr auf den Mitteln, die der Bund im Hochschulpakt für die Lehre ausgibt. Der Landesanteil sinkt hingegen. Eine riskante Entwicklung: Beendet der Bund den Hochschulpakt, muss das hoch verschuldete Berlin in die Bresche springen oder massiv Stellen kürzen. Mit Finanzsenator Ulrich Nußbaum geriet Zöllner darum aneinander.

Zöllner brachte in seiner Amtszeit auch noch eine kleine Novelle des Hochschulgesetzes zustande – ebenfalls begleitet von unfreundlichen Echos aus der Stadt. Unter anderem erlaubt das Gesetz den Hochschulen, Dozenten mit sehr hohem Lehrdeputat anzustellen. Das nähert Befürchtungen, die Unis sollten sich bald immer mehr mit Discount-Lösungen helfen.

In Zöllners Amtszeit fielen aber auch die Erfolge der Berliner Unis im Exzellenzwettbewerb. Ohne das Geschick des Senators wären sie wohl geringer ausgefallen. Das Exzellenzkonzept der FU war zwar von den Gutachtern befürwortet worden. Doch die Politik hatte alle Fördermittel schon verteilt. Hätte Zöllner sich am Verhandlungstisch nicht so engagiert, wäre die FU heute nicht Elite-Uni.

Bei aller Kritik erkennen die Uni-Präsidenten durchaus, dass mit Zöllner ein gewiefter Politiker abtritt: „Ich hätte gern mit ihm weitergemacht“, sagt Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der Humboldt-Universität (HU). Dieses Lob zählt doppelt. Denn Olbertz war als Kultusminister von Sachsen-Anhalt jahrelang Sprecher der Unionsländer in der Kultusministerkonferenz – wo Zöllner als sein Gegenpart die SPD-Länder vertrat. Zöllner habe dort manche verfahrene Diskussion mit seinem „unideologischen Pragmatismus“ weitergebracht. Darum genieße Zöllner, „ein kommunikativer und freundlicher Zeitgenosse“, „Respekt auch auf CDU-Seite“.

Olbertz hofft jetzt auf eine starke Nachfolgerin oder auf einen starken Nachfolger. Es gebe zu wenig Studienplätze im Master, doch die Universitäten „zehren bereits die eigene Substanz auf“, sagt Olbertz. Er will, dass der neue Senat für eine stärkere Bundesbeteiligung bei den Hochschulen kämpft. Wäre Olbertz selbst vielleicht ein guter Zöllner–Nachfolger? „Ich bin ja aus vollem Herzen HU-Präsident“, sagt Olbertz. „Da habe ich kein Kribbeln in den Fingern.“

Auch FU-Präsident Peter-André Alt bedauert Zöllners Rückzug. Die Zusammenarbeit sei „sehr produktiv“ gewesen, auch wenn man nicht immer einer Meinung gewesen sei.

Für TU-Präsident Jörg Steinbach war es trotz der Meinungsverschiedenheiten „sehr wohltuend“, einem Wissenschaftssenator gegenüberzusitzen, der als Professor selbst aus dem Hochschulbetrieb stammt. Zweifellos habe Zöllner die Wissenschaftspolitik in ganz Deutschland geprägt. Sein Nachfolger müsse nun klären, wo es mit der Einstein-Stiftung strategisch hingehen soll.

Karl Max Einhäupl, der Vorstandschef der Charité, würdigte die Verdienste Zöllners um das Uniklinikum. Zöllner habe die Entscheidung des Senats, alle Standorte der Charité zu erhalten, das Bettenhochhaus in Mitte zu sanieren und den Neubau für die Vorklinik zu bauen, „maßgeblich auf den Weg gebracht“. Zöllner werde „die verbleibenden Monate dazu nutzen, Projekte der Charité und anderer Wissenschaftseinrichtungen voranzutreiben“. Damit dürfte Einhäupl auch auf die Bundespläne für die Charité anspielen. Wie Olbertz lobt Einhäupl Zöllners „bundespolitisches Ansehen als Wissenschaftspolitiker“. Auch Zöllners Engagement für die Lehre sei hervorzuheben. Anja Kühne/Tilmann Warnecke

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