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Im Visier der Plagiatsjäger: Annette Schavan (CDU).

© dapd

Exklusiv

Doktorarbeit: Annette Schavan soll auf 87 Seiten falsch zitiert haben

Ein anonymer Plagiatsjäger sieht weitere Plagiate in Annette Schavans Dokotorarbeit. Er will seine Dokumentation in dieser Woche abschließen. Die Universität Düsseldorf dagegen braucht noch Monate, um die Dissertation der Bundesbildungsministerin zu bewerten.

Der anonyme Plagiatsjäger, der sich auf der Internetseite „schavanplag“ mit der Dissertation von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) befasst, will in den vergangenen Monaten noch weitere Plagiate in der Arbeit gefunden haben. Mittlerweile dokumentiert „schavanplag“ Fundstellen auf 87 Seiten der Dissertation.

Im Mai, als die Vorwürfe gegen Schavan weithin bekannt wurden, zählte der Plagiatsjäger fehlende oder falsche Quellenangaben erst auf 56 Seiten der 325-seitigen Dissertation.

An der Uni Düsseldorf, an der Schavan 1980 mit dem Thema „Person und Gewissen“ promoviert wurde, untersucht eine Kommission seit Mai die Arbeit. Die Universität reagiert damit auf die Veröffentlichungen auf „schavanplag“. Unlängst teilte die Hochschule mit, die Nachforschungen würden noch Monate dauern. Da die Arbeit über 30 Jahre alt sei, sei bereits das Beschaffen der von Schavan verwendeten Quellen schwierig.

Der Plagiatsjäger, der sich „Robert Schmidt“ nennt, will die Suche möglicherweise schon in dieser Woche abschließen: „Ich hoffe aber, dass man in Düsseldorf vielleicht noch das eine oder andere Plagiat findet, das ich nicht nachweisen konnte“, erklärt er per E-Mail auf Anfrage des Tagesspiegels.

Weitere acht bis zehn Passagen wirkten zwar auf ihn noch verdächtig. Deren Untersuchung würde aber wohl zu aufwendig. Einzelne auf „schavanplag“ dokumentierte Fundstellen gingen auf Hinweise anderer Plagiatsjäger zurück, die gesamte Dokumentation stamme aber ausschließlich von ihm, erklärte „Schmidt“.

Zu den erst im Sommer von „Schmidt“ dokumentierten Passagen gehört ein Satz, von dem er annimmt, dass Schavan ihn von Hannah Arendt übernommen hat. Schavan schreibt demnach: „Durch die Gründung und Erhaltung von politischen Gemeinwesen schließlich schafft menschliches Handeln die Bedingungen für eine Kontinuität der Generationen und damit für Geschichte.“ Hannah Arendt formuliert in „Vita activa oder Vom tätigen Leben“: „(...) das Handeln schließlich, soweit es der Gründung und Erhaltung politischer Gemeinwesen dient, schafft die Bedingungen für eine Kontinuität der Generationen, für Erinnerung und damit für Geschichte.“ Hannah Arendt werde in Schavans Arbeit aber nicht erwähnt, schreibt „Schmidt“. Er führt noch weitere Stellen auf, an denen Schavan Gedanken und Formulierungen aus der Forschungsliteratur übernehme, die Autoren in den Fußnoten und im Literaturverzeichnis aber nicht nenne.

Die Uni-Kommission muss unter anderem beurteilen, ob von Schavan ohne Quellenangabe verwendete Gedanken fremder Autoren „wissenschaftlich originell“ sind. Haben die Autoren selbst nur blasse Inhaltsangaben von Primärtexten, etwa den Werken Freuds, gegeben, wäre die Übernahme durch Schavan ohne Quellenverweis weniger gravierend. Aus „Schmidts“ Sicht belegt Schavans Arbeitsweise jedoch, dass sie nicht nur versehentlich falsch zitiert hat, sondern dass eine „Täuschungsabsicht“ bestand.

Wie bewertet „Schmidt“ Schavans Verstöße im Vergleich mit denen des ehemaligen Verteidigungsministers zu Guttenberg? „Schmidt“ ist dagegen, Guttenberg zum Maßstab zu machen, erklärt er: Gegen dessen umfangreiches Plagiat wirkten „viele andere gravierende Verstöße eher gering“.

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