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Gärtanks einer Biogasanlage stehen hinter einem Rapsfeld.

© dpa/Jens Büttner / Bearbeitung: Tagesspiegel

Energie aus Biogas: Alter Hut oder Alternative zu Windkraft und Fotovoltaik?

Biogasanlagen könnten einspringen, wenn mal der Wind abflaut oder die Sonne fehlt. Aber lohnt sich das wirklich? Und wenn ja, warum spielen sie in der Energiepolitik bisher kaum eine Rolle?

Wenn Wolken die Sonne verdunkeln und Flaute herrscht, dann könnten Biogasanlagen die Stromerzeugung übernehmen, ihre Abwärme könnte sogar Wärmenetze speisen. Doch bislang spielen Biogas- und Biomethananlagen in der Energiepolitik keine große Rolle, obwohl Biogasanlagen Versorgungssicherheit und Klimabilanz der Stromerzeugung verbessern könnten. Und wenn das Biogas gespeichert wird, könnten „überbaute“ Biogasanlagen (die mehr Motoren haben, als die Anlage selbst versorgen könnte), auch mehr Strom produzieren, wenn Windräder oder Fotovoltaik gerade keinen Strom liefern können. Aber wie groß ist das Potenzial für Biogasanlagen als Back-up tatsächlich?


Flexibler Partner für Wind- und Solarenergie

Biogasanlagen haben sich zum flexiblen Partner für Wind- und Solarenergie entwickelt. In dieser Rolle liegt ihre Zukunft, da sie wie Gaskraftwerke in Zeiten der Dunkelflaute Strom liefern können, und zwar über einen längeren Zeitraum als Batterien und Pumpspeicher. Damit sie dieses Potenzial voll ausschöpfen können, braucht es mehr Leistung und mehr Energie. Dezentral kann das durch größere oder mehrere Motoren („Überbauung“) und größere Gasspeicher bewerkstelligt werden. Wenn das CO₂ abgetrennt und Biogas eingespeist wird, können zentrale Gaskraftwerke und Gasspeicher mit grünem Gas genutzt werden.

Dieses Potenzial ließe sich verdoppeln, wenn CO₂ oder Rohbiogas über Power-to-Gas methanisiert und als vollwertiger Erdgasersatz in der Gasinfrastruktur genutzt wird. Wenn wir das an allen Biogas- und Klärgasanlagen umsetzen, ließen sich 75 Prozent der deutschen Gasspeicher mit heimischem grünen Gas füllen – zum gleichen Preis wie die fossilen LNG-Lieferungen aus Katar ab 2026. Das wäre schneller und einfacher umzusetzen als auf Wasserstoffimporte und Wasserstoffkraftwerke zu warten, weil auf bestehende Anlagen aufgebaut werden kann.


Biogasmenge dürfte eher abnehmen

Über die Rolle von Biogas- und Biomethananlagen für die Energiewende wird gesellschaftlich und auch politisch kontrovers diskutiert. Vor allem der heute noch dominierende Einsatz von Energiepflanzen steht dabei im Fokus: Vor dem Hintergrund der Erwartungen der begrenzten landwirtschaftlichen Flächen an Ernährungssicherheit, Artenschutz und ökologische Landwirtschaft sowie an natürlichen Klimaschutz sollte der Anbau von Energiepflanzen zurückgehen. Auch wenn in gewissem Maße noch biogene Reststoffe und Abfälle und die zusätzliche Biomasse durch veränderte Anbausysteme erschließbar sind, dürfte die bereitgestellte Menge an Biogas in der Zukunft eher abnehmen.

Auch erscheinen Biogasanlagen aktuell wegen höherer Stromgestehungskosten immer weniger wettbewerbsfähig. Vernachlässigt werden sollte aber nicht, dass Biogas- und Biomethananlagen Strom bedarfsgerecht bereitstellen können und damit Energiesystemkosten an anderer Stelle einsparen. Die schwierige Aufgabe der mittel- und langfristigen Ausgleichsbedarfe kann flexibles Biogas gut unterstützen, bevor Wasserstoff diese Aufgabe perspektivisch übernehmen kann. Gelöst werden kann das Problem durch eine Neuausrichtung des Förderrahmens und insbesondere des EEG auf Biogasanlagen, die vorwiegend auf Rest- und Abfallstoffen basieren. .


Die Politik müsste weitere Anreize schaffen

Biogas zur Energieerzeugung wurde aufgrund der vergleichsweise relativ hohen Kosten und aufgrund der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und der damit einhergehenden Flächenkonkurrenzen in der Vergangenheit immer wieder kritisiert. So besteht auch nach den verschiedenen Reformen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes der Substrateinsatz massebasiert zu ungefähr 45 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen. Energiebasiert ist dieser Anteil deutlich höher.

Durch den ausschließlichen Einsatz von Reststoffen und Gülle wie es beispielsweise in der Schweiz der Fall ist, ließe sich dieses Problem eigentlich beheben. Wenn politisch der Einsatz von Biogasanlagen gestärkt werden soll, dann müsste die Politik weitere Anreize implementieren. Nach Angaben der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) sind bislang aber nur circa 300 der Biogasanlagen in Deutschland tatsächlich für einen Einsatz als Back-up für Wind- und Solaranlagen geeignet.

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