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Mehr Semester auf dem Buckel. Seit 2016 gibt es in Berlin einen leichten Trend hin zu einem längeren Studium.

© Kitty Kleist-Heinrich

Entwicklung von Studienabschlüssen: Längere Studienzeiten, häufigere Abbrüche

Tendenziell weniger Berliner Studierende beenden ihr Studium in der Regelzeit. Auch die Zahl derer, die keinen Abschluss machen, ist in den letzten Jahren gestiegen.

Der Anteil der Studienabschlüsse in Regelstudienzeit an den staatlichen Berliner Hochschulen ist im Vergleich zu den Vorjahren abermals leicht gesunken. Dies geht aus einer Anfrage der Berliner CDU-Fraktion an die Senatskanzlei Wissenschaft und Forschung hervor.

Demnach beendet eine klare Mehrheit der Berliner Studierenden das Studium nicht in der angedachten Zeitspanne. So wurden im Jahr 2019 etwa 31 Prozent der Studienabschlüsse in der Regelstudienzeit erworben, 71 Prozent in der Regelstudienzeit plus den beiden folgenden Semestern. Beide Werte sind gegenüber 2018 um ein Prozent gesunken.

„Die Anfrage zeigt auf, dass sich der Negativtrend der letzten Jahre leider fortgesetzt hat“, erklärt der Berliner CDU-Abgeordnete Adrian Grasse gegenüber dem Tagesspiegel. Im Jahr 2016 brauchten Berliner Studierende im Durchschnitt 1,72 Semester länger als die Regelzeit. 2017 waren es 1,86 und 2018 1,93 Semester länger. Für 2019 liegt der Wert nun bei etwa zwei Semestern zusätzlicher Studienzeit. Bei denjenigen wiederum, die länger studierten, stieg die Zahl der zusätzlichen Semester von durchschnittlich 2,58 im Jahr 2016 auf 2,89 im Jahr 2019 an.

An der TU wird länger studiert als an FU und HU

Die TU weist dabei tendenziell mehr Studierende mit überzogener Regelzeit auf, als die anderen großen Unis, FU und HU. So schafften an der TU im letzten Jahr nur 13 % ihren Abschluss im vorgesehenen Zeitrahmen, 53 Prozent in der Regelstudienzeit plus zwei Semestern. An der HU liegen die Werte bei 23 und 65 Prozent, die FU nennt beinahe identische Zahlen.

Das liege im Wesentlichen am Fächerspektrum, erklärt die TU auf Anfrage. „Die TU hat im Vergleich zu FU und HU nur wenig Geisteswissenschaften, kaum Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, keine Rechtswissenschaften, dafür aber zwei Drittel Studierende in den Ingenieurwissenschaften, die grundsätzlich als schwer gelten und auch im Bundesvergleich längere Studiendauern aufweisen“, kommentiert Hans-Ulrich Heiss, TU-Vizepräsident für Lehre, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. „Betrachtet man einzelne Fächer, die an allen drei Unis angeboten werden, wie etwa Informatik, schneidet die TU mindestens so gut ab wie FU und HU.“

Seit 2016 steigt die Zahl der Abbrüche

Die Berliner Studierenden brauchen jedoch nicht nur durchschnittlich länger als in den Jahren zuvor. Auch die Zahl derer, die ihre Hochschule ohne Abschluss verlassen, ist seit 2016 kontinuierlich gestiegen. Die TU ist hier ebenfalls Spitzenreiter.

Die Anzahl der echten Studienabbrüche sei hierbei aber nicht bekannt, erklärt die Senatsverwaltung Wissenschaft. Ein Verlassen der Hochschule ohne Abschluss könne auch im Falle eines Hochschulwechsels oder einer Studienunterbrechung erfolgen. Insofern ließen sich die Zahlen nicht bewerten. Man erwarte jedoch von der im Aufbau befindlichen Studienverlaufsdatenbank der amtlichen Statistik künftig eine verbesserte Datenbasis zur Analyse von Studienabbrüchen.

„Ich kann die offensichtliche Gelassenheit des Senats angesichts dieser Zahlen und der Entwicklung hin zum Langzeitstudium nicht nachvollziehen“, sagt Grasse. Der Trend lasse sich schließlich schon seit einigen Jahren beobachten. „Der Senat macht es sich zu einfach, wenn er die Verantwortung quasi an die Hochschulen delegiert.“ Dabei müssten die einschlägigen Daten endlich umfassend ausgewertet werden, fordert der CDU-Politiker. Für den Ausbau von Beratungsangeboten brauche es zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen.

Berlin steht insgesamt gut da

Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach erklärt auf Anfrage des Tagesspiegels, dass sich Berlin im Ländervergleich in der Spitzengruppe befinde. Der Senat unterstütze die Hochschulen beim Angebot von studienunterstützenden Maßnahmen wie Beratungsangeboten und Tutorienprogrammen. Man beobachte die Situation und sei mit den Hochschulen im Gespräch, um die Lage weiter zu verbessern, so Krach. „Grundsätzlich aber hat Berlin laut einer Langzeitbeobachtung des Statistischen Bundesamtes äußerst gute Erfolgsquoten von Studierenden, die ihr grundständiges Studium erfolgreich abschließen.“

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