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Gefährlich. Kerosin ist leicht brennbar. Spezielle Polymere könnten die Flüssigkeit sicherer machen. Sie sollen auch die mechanische Beanspruchung in Treibstoffpumpen vertragen - indem sie sich zerlegen und anschließend erneut zusammenfinden.

© picture alliance / dpa

Explosionsgefahr: Megasupramoleküle machen Kerosin sicherer

Flugzeugbenzin kann bei Unglücken vielen Menschen das Leben kosten. Forscher haben nun Polymere entwickelt, die den Treibstoff weniger explosiv machen.

Flüssigtreibstoff wie Kerosin ist gefährlich. Es ist leicht brennbar und kann unter bestimmten Voraussetzungen explodieren. In den Brennkammern der Triebwerke (wie auch in Millionen Verbrennungsmotoren von Autos) sind diese Eigenschaften erwünscht, außerhalb jedoch nicht. Jedes Jahr kommen Schätzungen zufolge mehrere hundert Menschen bei Bränden und Explosionen von Treibstoff um, etwa bei Flugzeugunglücken. US-Wissenschaftler haben nun einen Stoff entwickelt, der solche Unglücke verhindern soll. Sie berichten davon im Fachblatt „Science“.

Problematisch ist weniger die Flüssigkeit sondern vielmehr der Nebel, der über der Oberfläche entsteht: Er bildet zusammen mit dem Luftsauerstoff eine gefährliche Mischung, die leicht brennen und explodieren kann. Verhindert man die Nebelbildung, wäre der Treibstoff sicherer, das wissen Chemiker schon lange. Bereits vor Jahrzehnten wurden Polymere (riesige Kohlenstoffmoleküle) entwickelt, die nur in geringer Menge dem Kerosin beigemengt werden müssen und die Schwadenbildung vermeiden. Erste Tests mit diesem "antimisting kerosene" waren erfolgreich, doch die Polymere verstopften die Filter oder wurden durch mechanische Belastung – etwa beim Durchströmen von Treibstoffpumpen – zerstört.

Einzelne Polymere finden sich zu Riesenmolekülen zusammen

Julia Kornfield vom California Institute of Technology und Kollegen machten einen neuen Versuch. Sie entwickelten Polymere, die sich im Treibstoff zusammenfinden und Riesenmoleküle bilden, von den Forschern als „Megasupramoleküle“ bezeichnet. Das gelingt durch spezielle Enden an den Einzelpolymeren, die wie eine Art Klettverschluss neue Bindungen schaffen. Die Megasupramoleküle verhindert wirksam die Nebelbildung, berichten die Forscher. Bei Belastung reißen die molekularen Klettverschlüsse zwar auf, finden sich anschließend jedoch wieder zusammen, der Sprit ist wieder gesichert. Auch das einstige Problem mit verstopften Filtern oder Polymerklumpen, die sich an der Gefäßwand bilden, statt in der Flüssigkeit zu schwimmen, sei gelöst, sagt Kornfield. „Die Moleküle lieben Treibstoff, sie wollen ihn nicht verlassen.“

In Tests konnten die Forscher demonstrieren, dass wenige Anteile der Megasupramoleküle im Treibstoff genügen, um die Explosionsgefahr zu verringern. Zudem untersuchten sie, ob die Zusätze den Verbrennungsprozess beeinflussen oder den Motor schädigen. Im Gegenteil: An einem Versuche mit einem Dieselmotor zeigten, dass dessen Leistung und Effizient erhalten blieben. Darüber hinaus entstand zwölf Prozent weniger Ruß, berichtet Kornfield.

Bis der Stoff in Flugbenzin gemischt wird, dürften allerdings noch Jahre vergehen

In einem begleitenden Kommentar heben Michael Jaffe und Sahitya Allam vom  New Jersey Institute of Technology  hervor, dass der neue Stoff in beispielhafter Weise von den theoretischen Grundlagen bis zur Praxisreife gebracht wurde. Die Forscher hätten maßgeblich Computermodelle eingesetzt, um die idealen Polymere zu finden und sich so aufwendiges Herumprobieren erspart. Mit dieser Methode seien auch künftig spannende Neuentdeckungen von Materialien mit neuen Eigenschaften zu erwarten.

Bis der Stoff in Flugbenzin gemischt wird, dürften allerdings noch Jahre vergehen. Zum einen muss das Herstellungsverfahren weiter entwickelt werden, um die benötigten Mengen erzeugen zu können. Zum anderen dürfen nicht einfach Zusatzstoffe in Kerosin gegeben werden. Das müssen die Luftfahrtbehörden genehmigen.

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