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Im Hörsaal dominieren Frauen, 52 Prozent der Absolventen sind weiblich. Aber unter den Professoren sind es nur knapp 20 Prozent.

© dpa

Frauen in der Wissenschaft: Mehr Druck, Frauen zu fördern

Bund und Länder sind unzufrieden mit Unis und Außeruniversitären: Der Frauenanteil auf Professuren steigt zu langsam. Förderung aus dem Pakt für Forschung und Innovation könnte mit strengeren Auflagen als bisher verbunden werden, heißt es.

In Leitungspositionen des Wissenschaftssystems sind Frauen weiterhin stark unterrepräsentiert. Das hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) am Dienstag anlässlich der Veröffentlichung ihres aktuellen Berichts zur Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung erneut kritisiert. Die GWK sieht „großen Handlungsbedarf“ und mahnt „besondere Bemühungen in der forschungs- und wissenschaftsorientierten Frauenförderung“ an.

Vom Studienbeginn bis zur Professur gehen der Wissenschaft den jetzt vorgelegten Zahlen zufolge überproportional viele Frauen verloren. Rund 50 Prozent der Studienanfänger und 48 Prozent (Stand 2010) der Studierenden sind weiblich. Fast 52 Prozent der Studienabschlüsse und rund 44 Prozent der Promotionen werden von Frauen erreicht. Aber noch immer sind rund 80 Prozent der Professuren mit Männern besetzt.

Der Bericht zeigt auch, dass der Frauenanteil in den vergangenen 20 Jahren stark gestiegen ist: Die Zahl der Studienanfängerinnen stieg von 43,3 auf 49,5 Prozent, die der Absolventinnen von 39,6 auf 51,8 Prozent. Bei den Promotionen waren es 1992 rund 29 Prozent, heute sind es gut 44 Prozent, die Zahl der Habilitandinnen stieg von 12,9 auf 24,9 Prozent, die der Professorinnen von 6,5 auf 19,2 Prozent.

Experten sind von solchen Steigerungsraten keineswegs beeindruckt. Bei gleichbleibendem Tempo wäre die Geschlechterparität an deutschen Hochschulen erst gegen Ende dieses Jahrhunderts erreicht. Zudem ist heute der Frauenanteil bei den Professuren um so niedriger, je höher die Besoldungsgruppe ist: Laut GWK-Bericht lag der Frauenanteil auf W1-Professuren (Juniorprofessur) 2010 bei 37,8 Prozent, auf C2-Stellen bei 21,1 Prozent, auf C3/W2-Stellen bei 20,1 Prozent und auf den am höchsten dotierten C4/W3- Professuren bei 14,6 Prozent.

Große Unterschiede bei der Gleichstellung hat die GWK auch unter den außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen festgestellt. Über alle Forschungsorganisationen hinweg ist der Frauenanteil in Führungspositionen von 1992 bis 2011 von zwei auf 12 Prozent gestiegen. Führend ist die Max-Planck-Gesellschaft mit 19 Prozent, gefolgt von der Leibniz-Gemeinschaft mit 12,5 Prozent und der Helmholtz-Gemeinschaft mit zehn Prozent. Weit abgeschlagen ist die Fraunhofer-Gesellschaft, bei der nur 3,2 Prozent der Leitungsposten mit Frauen besetzt sind.

Die Klage der GWK, in der die Wissenschaftsminister der Länder und des Bundes vertreten sind, ist nicht neu. Unzufrieden ist die Politik insbesondere mit den Erfolgen der „forschungsorientierten Gleichstellungsstandards“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft aus dem Jahr 2008. Um mehr Schwung in die vielerorts zögerlichen Gleichstellungsbemühungen zu bringen, hat die GWK vor einem knappen Jahr im Rahmen des Pakts für Forschung und Innovation „Zielquoten“ für die Forschungsorganisationen beschlossen. Der Pakt bringt ihnen bis 2015 jährliche Etatsteigerungen von fünf Prozent. Im November 2011 wurden die Außeruniversitären dazu verpflichtet, das sogenannte Kaskadenmodell einzuführen, nach dem auf jeder Qualifikationsstufe der Frauenanteil erreicht werden soll, der auf der darunterliegenden Ebene besteht. Werden also in einem Institut 30 Prozent der Promotionen von Frauen abgeschlossen, wird für die Professuren eine Zielquote von 30 Prozent gesetzt.

Mit der Leibniz-Gemeinschaft hat sich wie berichtet kürzlich die erste Wissenschaftsorganisation ausdrücklich zum Kaskadenmodell bekannt. Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) hat sich eine „Selbstverpflichtung“ auferlegt, den Frauenanteil in Positionen von Direktoren bis zu wissenschaftlichen Angestellten bis 2017 um fünf Prozent zu steigern. Das ist eine Neuauflage des Gleichstellungsprogramms von 2005 bis 2010, den Anteil jährlich um mindestens einen Prozentpunkt zu steigern. Die MPG bezeichnete diesen Schritt jetzt als „besondere Ausführung“ des von der GWK beschlossenen Kaskadenmodells.

Wie verbindlich die Programme der beiden Organisationen für deren Institute tatsächlich sind und wie nachhaltig sie wirken können, müsse noch im Detail geprüft werden, heißt es aus der GWK. In den Verwaltungen und auch in den Landesministerien gebe es noch zu viele, die versuchten, sich Vorgaben zu entziehen. Bei den 2013 anstehenden Verhandlungen zur Fortsetzung des Pakts für Forschung und Innovation könnten die Gleichstellungsauflagen der GWK verschärft werden, ist zu hören.

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