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Freie Sicht: Besser lehren, besser betreuen

Unterrichtskompetenz ist auch bei Hochschullehrern nicht angeboren. Manches wird falsch gemacht, obgleich die Unterrichtsforschung schon weiter ist.

Dass beispielsweise der Lerneffekt um 35 Prozent steigen kann, wenn neben dem gesprochenen Wort auch optische Informationen geboten werden. Dass die Aufmerksamkeitskurve nach zehn Minuten zuhören massiv nach unten weist und dass Leistungsüberprüfungen durch Klausuren reines Prüfungslernen hervorrufen und wenig über die tatsächliche Kompetenz der Geprüften aussagen.

Diese und dutzende weitere Bedingungen gelingenden Unterrichts sind vielen unbekannt. Das ist nicht so, weil Hochschullehrer ignorante Besserwisser sind, sondern weil akademischer Unterricht in Deutschland noch immer stark auf dem klassischen Gelehrtenideal beruht. Demzufolge sind das Beherrschen des Faches und die Begeisterung für seine Gegenstände eine ausreichende Voraussetzung für die Tätigkeit eines Hochschullehrers. Aber dieses Ideal ist in solchen Wissenschaften entstanden, die von der differenzierten Kunst des Wortes lebten. In der Philosophie, den Philologien, der Geschichtswissenschaft. In vielen akademischen Fächern kann jedoch auch das Handwerk des guten Unterrichts eine wichtige Grundlage sein.

International ist dies selbstverständlich. Hochschullehrer erhalten das Angebot einer professionellen Ausbildung, etwa an der Universität Oxford, die ihnen ein „Diploma in Learning and Teaching in Higher Education“ anbietet, unterrichtet in einem eigenen „Institute for the Advancement of University Learning“ oder an der Universität Sydney oder in Maastricht mit dem „Problem Based Learning“.

In Deutschland zeichnet sich nun ab, dass mit der Errichtung eines solchen – am Ende obligatorischen – Ausbildungselements für künftige Hochschullehrer zu rechnen sein wird. Dann werden vielleicht neue Erwartungen durch die Politik etabliert, die sachlich angemessen sein können. Aber die Rahmenbedingungen an deutschen Hochschulen sind andere als in den Ländern, in denen moderne Lehre bereits erfolgreich eingesetzt wird. Verbessert werden muss vor allem die Betreuungsrelation von Professoren zu Studierenden. Wer nicht bereit ist, diese Bedingungen herzustellen, kann keine weiteren Forderungen erheben. Oder er muss sich mit drittklassigem Personal begnügen, weil die Besten sich nicht drangsalieren lassen werden.

Der Autor ist Erziehungswissenschaftler und schreibt jeden dritten Montag über aktuelle Themen und Debatten.

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