zum Hauptinhalt
Märkisch. Im Schlosspark Babelsberg ist der Sandboden ein Problem.

© SPSG/Leo Seidel

Grünes Welterbe: Historische Gärten in Berlin und Brandenburg: „Wir könnten die Bäume mit Pilzen impfen“

Reinhard Hüttl untersucht, wie historische Parks an den Klimawandel angepasst werden können.

Herr Hüttl, im Zuge des Klimawandels werden sich Schäden durch Orkane wie „Xavier“ im vergangenen Jahr und Hitzewellen – wie derzeit auch – in den historischen Parks in Berlin und Brandenburg häufen. Sorgen Sie sich um deren Erhaltung?

Der Klimawandel ist eine große Herausforderung für die Gärten und Parks in Berlin und Brandenburg. Da geht es nicht nur um den Erhalt der Infrastruktur – also der Wege und Gebäude –, sondern vor allem um die Pflanzen und die Gartenanlagen. Und die leiden natürlich unter Trockenheit, Stürmen und Starkregen.

Wie wandelt sich das Klima in der Region?

Der Klimawandel wirkt sich regional unterschiedlich aus. In Westdeutschland steigt die Temperatur stärker als im Osten. In Berlin und Brandenburg fällt auf, dass sich die Niederschlagsperiode in Richtung Winter verschiebt. Im Sommer ist es dagegen eher trocken und heiß mit punktuell starken Niederschlägen. Da die Temperaturen aber auch hier insgesamt steigen, verlängert sich die Vegetationsperiode, die Pflanzen treiben eher aus. Wenn dann noch einmal Frost kommt, kann er die Blüten zerstören. Im Herbst dagegen sind viele Bäume länger grün. Stürme treffen sie dann in voll belaubtem Zustand und richten großen Schaden an.

Mit welchen Problemen haben die Gärten zu kämpfen, die Sie untersucht haben?

Der Park in Wörlitz wird oft von der Elbe überschwemmt. Die Fluten spülen Wege aus, Bäume stehen mit ihren Wurzeln unter Wasser. Manche faulen und sterben ab. Im Schlosspark Babelsberg dagegen sind eher die sandigen Böden das Problem. Sie trocknen schnell aus. Wenn es dann nach längerer Zeit regnet, perlt das Wasser einfach ab, es dringt fast nicht in den Boden ein. Deshalb bleibt das Erdreich auch bei Starkregen trocken, das Wasser fließt oberflächlich ab und spült dabei den Boden weg.

Wie stellen Sie den Zustand der Parks fest?

Mit Sensoren können wir etwa messen, wie viel Wasser und Nährstoffe ein Baum durch seine Transportbahnen leitet. Manchmal sind bestimmte Teile dieser Adern abgerissen, andere sind verstopft. Außerdem ermitteln wir die Feuchtigkeit der Böden und die Zusammensetzung in verschiedenen Tiefen. Koppelt man diese Informationen mit Niederschlagsprognosen, können wir besser gegensteuern.

Was käme da infrage?

Eine Impfung für Bäume zum Beispiel. Die Wasseraufnahme wird gerade in trockenen Böden nicht nur von den Wurzeln geleistet, sondern auch von Pilzen, die unterirdische Ausläufer haben. Ihre Hyphen reichen meterweit unter die Erde. Sie können den Bäumen Wasser und Nährstoffe bereitstellen, im Gegenzug bekommen sie von ihnen Zucker und Stärke. Man könnte Bäume in besonders trockenen Böden mit solchen Pilzen impfen, damit sie an Wasser herankommen.

Warum pflanzen Sie nicht Bäume, die besser an das wärmere Klima angepasst sind?

Wenn wir x-beliebige Arten pflanzen würden, würde sich das Gesamtkunstwerk der Parks dadurch stark verändern, und genau das wollen wir ja verhindern. Stattdessen können wir bewässern, mit Nährstoffen nachhelfen oder durch Zugabe von organischem Material dafür sorgen, dass der Boden mehr Wasser speichern kann. In einigen Fällen, etwa wenn Bäume vom Eichenprozessionsspinner bedroht sind, kommt auch Pflanzenschutz zum Einsatz, aber nur als letztes Mittel.

Dieser Falter mit seinen problematischen Raupen kommt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Aber seit es bei uns wärmer ist, findet man sie auch hierzulande immer öfter in den Parks. So wie eine andere Spezies, wie Sie bei Ihren Studien feststellten ...

... der Mensch. Mit steigenden Temperaturen sind die Anlagen in den Sommermonaten immer voller. Dabei lässt die Disziplin mancher Besucher zu wünschen übrig. Einige sind sich nicht bewusst, dass sie sich in einer historischen Parkanlage befinden. Sie verlassen die Wege, picknicken überall und lassen ihren Müll liegen. Die Parks leiden unter diesem Verhalten.

Haben die Parks und Gärten eine Chance?

Im Vergleich zu anderen Regionen Europas leben wir noch in einer günstigen Situation. England leidet schon jetzt unter häufigen Überschwemmungen, in Italien ist die Trockenheit viel stärker als bei uns fortgeschritten. Wir versuchen zu lernen, wie sich die Pflanzen dort an die veränderten Bedingungen angepasst haben. Gleichzeitig entwickeln wir Prognosen, wie sich das Klima bei uns entwickeln wird, und ergreifen Gegenmaßnahmen. Da wartet viel Arbeit auf uns.

Sind die Parks den Aufwand wirklich wert?

Die Parks sind ein Teil unserer kulturellen Identität als Europäer. Diese Parkanlagen sind ja nicht nur eine brandenburgische Idee, sondern es gab Einflüsse aus Frankreich, England oder Italien. Auch deshalb ist es wichtig, die Gärten zu verstehen und zu bewahren.

Das Gespräch führte Florian Schumann.

Im Projekt „Historische Gärten im Klimawandel“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften untersuchen Naturwissenschaftler, Gartenbauer, Sozialwissenschaftler und Denkmalpfleger vier historische Parks in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Im Schlosspark Babelsberg wird am Sonntag, 3. Juni, der „Welterbetag 2018“ begangen. Infos: http://www.bbaw.de/veranstaltungen/2018/juni/grunes-welterbe

.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false