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Auswärts essen. Hummeln besuchen nur Blüten, die nicht zu nah an ihrem Nest stehen. Foto: ddp

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Wissen: Hummeln fliegen nach Plan

Die Insekten sparen Energie – und erreichen am Ende mehr Blüten

Hummeln haben's nicht leicht. Bei jedem Wetter sind sie bis zu 18 Stunden unterwegs und steuern Hunderte von Blütenkelchen an, um Nektar aus ihnen zu saugen. Die Hummeln verfügen aber nicht wie die Honigbienen über ein Zeitgedächtnis. Deswegen wissen sie nicht, welche Nektarquellen wann am ergiebigsten sind. Ebenso wenig verfügen sie über eine Tanzsprache, so dass sie einander nicht die Standorte ergiebiger Blüten mitteilen können. Hinzu kommt, dass die Hummeln nicht wagen, Blüten in unmittelbarer Nähe ihres Nestes anzufliegen. Denn damit würden sie riskieren, ihre Feinde dorthin zu locken. Die Tiere müssen also genau darauf achten, bei ihre Flügen keine Energie zu vergeuden. Was dadurch erschwert wird, dass die Blüten in der Regel kreuz und quer in der Gegend verteilt sind.

Damit stehen die Insekten vor dem aus der Mathematik bekannten „Problem des Handlungsreisenden“. Der soll Kunden in mehreren Städten aufsuchen und dabei möglichst wenig Strecke zurücklegen. Die Lösung dieser Aufgabe erfordert einen enormen Rechenaufwand, denn die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten wird schnell astronomisch hoch. Bei 15 Orten zum Beispiel hat der Handlungsreisende die Wahl zwischen 43 589 145 600 verschiedenen Rundreise-Routen.

Mathieu Lihoreau von der Universität London und seine Kollegen wollten herausfinden, ob auch Hummeln zu solchen Optimierungen fähig sind. Dazu setzten die Wissenschaftler acht Erdhummeln in einem Flugkäfig aus, in dem sechs künstliche Blumen mit Zuckerlösung standen. Insgesamt durften die Tiere 640-mal ausschwärmen. Zuerst wurden die Kunstblüten mit der gleichen Menge Nektar, danach mit unterschiedlich großen Mengen gefüllt. „Indem wir dann eine Blüte nektarreicher machten, zwangen wir die Hummeln, sich zu entscheiden, ob sie die kürzeste Route wählen oder zuerst die lohnendere Blüte ansteuern sollten,“ erläutert Lihoreau.

Wie die Wissenschaftler in den „Royal Society Biology Letters“ berichten, hatten die Hummeln auf ihren ersten zehn Flügen eine durchschnittlich 65,41 Meter lange Strecke zurückgelegt, auf den letzten zehn Flügen hingegen nur noch eine Strecke von je 38,40 Metern. Außerdem hatten sie bei den kürzeren Flugstrecken weniger häufig dieselbe Blume zweimal angesteuert, und sie hatten diese Flüge in wesentlich kürzerer Zeit absolviert als vorher.

Lihoreau und sein Team schließen daraus, dass es den Hummeln tatsächlich gelingt, durch ein Lernen aus Versuch und Irrtum Schritt für Schritt die zumindest annähernd kürzeste Route zu ermitteln. „Vermutlich behalten die Tiere die letzte Route in Erinnerung und vergleichen deren Länge mit der aktuellen“, sagt der Wissenschaftler. „Wenn die neue Wegstrecke kürzer ist, dann geben sie die alte auf und wechseln zur nächstbesten Lösung.“Frank Ufen

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