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Empfindlich. Der Eispanzer der Antarktis könnte massiv zurückweichen.

© REUTERS

Klimawandel: Bäume in der Antarktis

Im Miozän - vor 21 bis 13 Millionen Jahren - gab es schon einmal Klimaschwankungen, wie sie uns bald bevorstehen. Ein Bohrkern zeigt, was damals in der Antarktis passierte.

Eine der großen Unbekannten des Klimawandels ist, wie die Eisschilde in den Polarregionen auf den steigenden Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre reagieren. Enthält doch allein der Eispanzer über der Antarktis genug Wasser, um den Meeresspiegel um 61 Meter ansteigen zu lassen, sollte er komplett schmelzen. Das würde nicht nur weit entfernte Inselstaaten gefährden, sondern sogar Städte wie Berlin und Köln teilweise fluten. Allerdings konnten Klimaforscher bisher kaum abschätzen, wie groß das Risiko für das Antarktische Eisschild tatsächlich ist.

Es gab aber schon einmal eine ähnliche Entwicklung: Vor 21 bis 13 Millionen Jahren schwankten die Klimaverhältnisse auf der Erde einige Male zwischen den Bedingungen, wie sie vor der industriellen Revolution herrschten, und denen, die der Weltklimarat für die nächsten 50 bis 100 Jahre vorhersagt. Damals zogen sich die Eismassen so weit zurück und stießen anschließend wieder so weit vor, dass der Meeresspiegel um 30 bis 36 Meter stieg und fiel, schreiben Forscher um Richard Levy vom staatlichen Geoforschungsinstitut GNS in Lower Hutt in Neuseeland und Edward Gasson von der Universität von Massachusetts in Amherst im Fachblatt „PNAS“.

Klimawandel im Miozän

Das Team hatte auf dem achteinhalb Meter dicken Eis 30 Kilometer vor der Küste des McMurdo-Sounds in der Ostantarktis einen Bohrturm errichtet. 380 Meter unter dem Meeresspiegel bohrte sich das Gerät weitere 1137,84 Meter tief in den Untergrund. Die unteren 925 Meter des Bohrkerns hatten sich vor 20,2 bis 14,4 Millionen Jahren (im Erdzeitalter des Miozän) Schicht für Schicht abgelagert. Die Forscher analysierten die Isotope verschiedener Elemente, Überreste von Mikroorganismen und Vulkanausbrüchen und weitere Eigenschaften.

Demnach ähnelte das Klima in dieser Zeit viermal für jeweils wenige hunderttausend Jahre den Verhältnissen vor Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert: Es mischten sich 280 Kohlendioxid-Moleküle unter eine Million Teilchen in der Luft (280 parts per million, kurz 280 ppm) – und die Eismassen wuchsen weit auf das Südpolarmeer hinaus.

Tundra an der Antarktis-Küste

Außerdem gab es fünf lange Perioden, in denen die Temperaturen drei bis vier Grad über den heutigen Werten lagen und der Kohlendioxid-Gehalt mindestens 500 ppm erreichte – so wie es der Weltklimarat IPCC in 50 bis 100 Jahren erwartet. Das Eis zog sich jeweils weit ins Landesinnere der Antarktis zurück. Auf einem 80 Kilometer breiten Streifen an der Küste des Südpolarmeeres erstreckte sich eine Tundra-Landschaft, im Sommer erreichte die Temperatur durchschnittlich plus zehn Grad. In diesen Schichten entdeckten die Forscher viele Pollen, unter anderem von Bäumen wie Südbuchen.

Edward Gasson und seine Kollegen verglichen diese Daten mit einem neuen Computermodell, das verschiedene Szenarien für die Entwicklung des Eispanzers über der Antarktis berechnet. Für die warmen Episoden zeigte es, dass von den Eismassen über der Westantarktis nur kleine Reste übrig geblieben waren. In der Ostantarktis hatte sich das Eis in den Modellen ebenfalls weit ins Landesinnere zurückgezogen – so wie es der Bohrkern bestätigt. In diesen Zeiten lag der Meeresspiegel 30 bis 36 Meter höher als heute. Offensichtlich reagierte das Eis der Antarktis damals relativ empfindlich auf den Anstieg des Kohlendioxid-Gehaltes in der Luft, folgern die Autoren.

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