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Egel: König der Blutsauger

In Peru wurde ein Egel mit großen Zähnen entdeckt. Das neue Tier heißt Tyrannobdella rex.

T. rex. Der Name jagt den meisten Menschen kalte Schauer über den Rücken. Dabei wäre ein Kribbeln in der Nase womöglich das passendere Gefühl. Denn es gibt einen neuen T. rex - und der lebt nicht nur, er verirrt sich hin und wieder auch in menschliche Nasen.

Das neue Tier heißt nicht Tyrannosaurus, sondern Tyrannobdella rex. Der lateinische Name bedeutet König der Tyrannenegel. Die Forscher die das Tier jetzt im Fachblatt „Plos One“ beschreiben, begründen die Namensgebung vor allem mit den Zähnen des kleinen Quälgeistes. Die acht Beißer werden bis zu 130 Mikrometer groß, für einen Egel riesig. Besonders vornehm verhält sich der königliche Tyrann allerdings nicht: Die Tiere saugen sich bevorzugt an der Nasenschleimhaut ihrer Opfer fest, auch beim Menschen.

So wurde das etwa sieben Zentimeter große Individuum, das nun als Namensgeber einer neuen Art im Museum lagert, 2007 aus der Nase eines neun Jahre alten Mädchens in Peru gezogen. Das Mädchen hatte zwei Wochen lang über Kopfschmerzen und ein „Gleitgefühl“ im rechten Nasenloch geklagt. Als die Eltern einen schwarzen Wurm in der Nase sahen, brachten sie das Kind zum Arzt, der das Tier entfernte und in Alkohol aufhob. Normalerweise nistet sich das Tier vermutlich in den Nasen und Mündern von Wassertieren ein. „Es gibt im Amazonas zahlreiche Säugetiere, Otter zum Beispiel und viele Nagetiere. Möglicherweise leben die Egel normalerweise sogar in den Flussdelfinen“, sagt Mark Siddall vom Amerikanischen Naturkundemuseum in New York.

In menschliche Nasen gerät das Tier wohl beim Baden. Dort saugt sich das Tier an der Schleimhaut fest und ritzt mit seiner Reihe von acht Zähnen ein Blutgefäß an. „Das beeindruckende an dieser neuen Art sind die Zähne. Das sind zwar nur acht Stück, aber die sind fünf Mal so groß wie normal bei Egeln“, sagt Siddall.

Schon 1997 wurden Egel derselben Art bei einem sechs Jahre alten und einem 16 Monate alten Jungen in Peru gefunden. Den Ärzten war allerdings nicht aufgefallen, dass es sich bei den Nasenbewohnern um eine bisher unbekannte Art handelte. Kein Wunder denn es gibt mehrere hundert verschiedene Egelarten. Einige von ihnen nisten sich gerne auch in Körperöffnungen des Menschen ein. Meist bevorzugen sie die Nase, verirren sich manchmal aber auch in Auge, Rektum oder Vagina.

Mit der Entdeckung des Egelkönigs sind die vielen Egelarten nun besser zu ordnen. So ergaben Analysen des Erbguts eine enge Verwandtschaft des neuen Egels zu Pintobdella chiapasensis, einem Egel der in Mexiko vor allem Tapire befällt. Andere Arten mit einer Vorliebe für die Schleimhäute von Säugetieren leben in Asien und Afrika. Sie alle lassen sich nun in der Gruppe der Praobdellidae zusammenfassen. Dass die Arten dieser Familie in so weit entfernten Gegenden leben, lässt darauf schließen, dass sie einen gemeinsamen Vorfahren hatten, als an Stelle der heutigen Kontinente noch eine einzige Landmasse existierte. „Gut möglich, dass damals ein Vorfahre unseres T. rex in der Nase des Tyrannosaurus rex war“, sagt Mark Siddall vom Amerikanischen Naturkundemuseum in New York.

Um die Verwandtschaftsverhältnisse der Egel endgültig zu bestimmen, fehlen den Forschern allerdings frische Exemplare einiger Arten, die seit ihrer Entdeckung vor mehr als hundert Jahren nur noch als vertrocknete Museumsexponate vorhanden sind. Diese könnten sich durch Expeditionen zwar finden lassen, aber die letzten Sätze der Veröffentlichung verraten eine gewisse Zurückhaltung der Forscher: „Weitere Sammelanstrengungen in Afrika und Asien könnten dieses Material noch zutage fördern. Allerdings könnte sich unsere Standardmethode, die Egel mit unseren Körpern anzulocken, angesichts ihrer anerkannten Bevorzugung bestimmter anatomischer Futterstellen, als misslich herausstellen.“ Kai Kupferschmidt

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