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Andrang. In Spanien kommen immer mehr Studierende an die Unis. Trotzdem werden Mittel gekürzt.

© AFP

Kürzungen bei Hochschulen: Europas Unis unter Druck

Viele EU-Länder kürzen ihren Hochschulen seit Jahren die Zuschüsse. Das trifft vor allem Studierende, die oft immer höhere Studiengebühren zahlen müssen.

Wenn es um Hochschulen geht, ist Europa inzwischen geteilt. Auf der einen Seite stehen Länder, die in den vergangenen Jahren ihre Unisysteme ausgebaut haben. Deutschland gehört dazu, die skandinavischen Länder, die Benelux-Staaten. Auf der anderen Seite stehen die Länder, die ihre staatlichen Zuschüsse kräftig gekürzt haben: Dort sind die Hochschulen massiv in der Krise. In Mittel- und Osteuropa ist das der Fall, in Südeuropa, aber auch in Großbritannien und Irland. Von einer „Polarisierung“ der europäischen Wissenschaft spricht daher eine neue Studie der Europäischen Universitätsvereinigung (EUA), die die finanzielle Lage der Hochschulen untersucht. „Osteuropa kann nicht weiter aufholen, Südeuropa wird zunehmend abgehängt – diese allgemeine politisch-wirtschaftliche Entwicklung spiegelt sich auch bei den Hochschulen wider“, heißt es.

Die EUA analysiert seit Beginn der Finanzkrise regelmäßig die Lage der Unis in Europa – und zieht jetzt ein düsteres Fazit. „Die Finanzkrise begann vor fast zehn Jahren, doch die Auswirkungen sind immer noch an vielen Universitäten zu spüren“.

Zwar hätten elf von 30 untersuchten Staaten zwischen den Jahren 2008 und 2015 durchaus ihre Zuschüsse gesteigert. Aber nur in zwei Ländern, nämlich in Norwegen und Schweden, halte der Zuwachs auch mit steigenden Studierendenzahlen mit. Neun weitere Länder nennt die Studie dagegen „wachsende Hochschulsysteme unter Druck“: Weil der Staat zwar mehr investiere, die Aufwüchse prozentual aber nicht der Steigerungsquote bei den Studierendenzahlen entsprechen. Als Beispiel nennt die Studie Deutschland: Hier hat der Staat die Unizuschüsse zwischen 2008 und 2015 um 30 Prozent erhöht – die Zahl der Studierenden wuchs im selben Zeitraum um 35 Prozent.

In Griechenland verloren die Unis mehr als 60 Prozent ihrer Mittel

In Griechenland, aber auch in den baltischen Staaten oder Großbritannien und Irland können Hochschulen von höheren Zuschüssen indes nur träumen. In Griechenland verloren die Hochschulen seit 2008 mehr als 60 Prozent ihrer Mittel, und der Abwärtstrend bleibt ungebrochen: 2016 erhalten die Hochschulen erneut 16 Prozent weniger Geld. Insgesamt 13 Staaten haben zwischen 2008 und 2015 ihre Zuschüsse für die Unis teils erheblich gekürzt, Länder wie Spanien, Großbritannien, Island und Spanien sogar, obwohl auch dort immer mehr Studierende an die Hochschulen drängten. Tatsächlich gehen Kürzungen in mehreren Ländern auch in diesem Jahr weiter, sodass sich die Unterschiede zwischen den Hochschulsystemen weiter verschärfen. Tschechien und Slowenien streichen fünf beziehungsweise neun Prozent der Mittel, Irland und Großbritannien jeweils mehr als zwei Prozent.

Von den Kürzungen am stärksten betroffen ist die Lehre. In Irland und in Großbritannien sind die Mittel für die Lehre seit 2008 jeweils um 70 Prozent gekürzt worden. Auch Dänemark, bisher weniger bekannt für Kürzungen, will bis 2020 acht Prozent der Zuschüsse für die Lehre streichen. „Die Studierenden müssen dafür zahlen“, heißt es in der Studie. Das stimmt in vielen Ländern wortwörtlich, weil Studiengebühren eingeführt wurden, um die Staatszuschüsse zu ersetzen. Prominentestes Beispiel ist erneut Großbritannien, wo Studierende bis zu 9000 Pfund (knapp 10 000 Euro) im Jahr zahlen. Künftig könnte es noch mehr werden. Unis dürfen demnächst ihre Gebühren um die Inflationsrate anheben, wenn sie bestimmte Lehrkriterien erfüllen.

Ein Trend: Mehr Geld von Nicht-EU-Ausländern verlangen

Die Studie sieht auch den Trend, mehr Geld von Nicht-EU-Ausländern zu verlangen – was wie berichtet auch in Baden-Württemberg diskutiert wird. Die EUA nennt als Beispiel Finnland, das erwägt, Gebühren für internationale Studierende in der Höhe von mindestens 1500 Euro im Jahr zu nehmen. Die Wallonen, der französischsprachige Teil Belgiens, diskutieren, die Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer von derzeit maximal 4175 Euro im Jahr auf bis zu 12 525 Euro im Jahr anzuheben.

Ein weiterer Weg der Kompensation ist der Versuch, Staatszuschüsse durch EU-Mittel zu ersetzen. Damit jedoch würden Unis „gleich doppelt in Brand gesetzt“, warnt die EUA. Da immer mehr Hochschulen EU-Mittel beantragen, sinke die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich den Zuschlag für ein Projekt zu erhalten. Derzeit liege die Erfolgsquote von Anträgen für das EU-Forschungprogramm „Horizon 2020“ bei gerade einmal 14 Prozent. Fast neun von zehn Unis kommen also nicht zum Zug. Die Erfahrung zeige auch, dass bereits die Kosten für einen guten EU-Antrag hoch sind. Meistens gewinnen also die, die ohnehin gut ausgestattet sind: „Die Ungleichheit wird so nur vergrößert.“ Die EUA will nun eine europaweite Kampagne für die auskömmliche Grundfinanzierung von Universitäten vorantreiben.

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