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Wissen: Lenzen verhandelt in Hamburg

In der Hansestadt streitet die Politik über Forderungen des FU-Präsidenten

Kann Dieter Lenzen seine Forderungen für die Universität Hamburg beim dortigen Senat durchsetzen? Das entscheidende Gespräch des amtierenden Präsidenten der Freien Universität mit Hamburgs Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) findet am heutigen Mittwoch statt. Unter vier Augen wollen beide über die vorhandenen Ressourcen sprechen. Die spannende Frage ist, ob der Haushalt der Wissenschaftsbehörde überhaupt so viel hergibt, Lenzens Vorstellungen und Personalwünsche zu finanzieren. Der Senat insgesamt geht haushaltspolitisch auf dem Zahnfleisch. Die entscheidende Haushaltsklausur steht noch an, weil man zunächst die aktuelle Steuerschätzung abgewartet hatte. Die bisherige Sprachregelung aus dem Rathaus lautete, alles stehe unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit.

Durch eine kleine parlamentarische Anfrage möchte die Linke in der Hamburger Bürgerschaft Transparenz in mögliche finanzielle Zusagen an Lenzen bringen. Den Hintergrund bildet ein Statement Lenzens in der „Welt am Sonntag“. Er sprach davon, sein Amt erst antreten zu wollen, wenn der Senat ihm „zusätzliche Mittel in erheblicher Höhe“ für „die zentrale Steuerungsgruppe des Präsidiums“ bereitstelle. Dies nennt die Linke einen „Erpressungsversuch“. Die Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn befürchtet, dass Gundelach bereits entsprechende Versprechungen gegeben hat, zumal Lenzen damit liebäugelt, mit einen Mitarbeiterstab nach Hamburg zu kommen.

An der Freien Universität könnte man dagegen womöglich sogar froh sein, wenn Lenzen einige Mitarbeiter mitnimmt. Da sein ziemlich großer Stab sehr auf seine Person ausgerichtet sei, könne dieser für seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger durchaus ein Problem darstellen, heißt es unter FU-Professoren.

Mit ihrer Anfrage möchte die Hamburger Linke nun den Umfang der Mittel, deren genaue Verwendung und den dazugehörigen Haushaltsposten ergründen. Nach der Kritik am Wahlverfahren für einen neuen Unipräsidenten, gegen das Widersprüche derzeit juristisch geprüft werden, fordert Heyenn die Abschaffung des externen Hochschulrates sowie eine grundlegende Novellierung des Hochschulgesetzes. Damit schließt sie sich den Forderungen vieler Studierender an, die ihre Proteste in Hamburg inzwischen mit der Besetzung eines Teils der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät ausgeweitet haben. Auch die Grünen, die mit der CDU in Hamburg koalieren, fordern mehr Mitbestimmung für alle Statusgruppen an der Uni. Gundelach hat eine Novellierung des Hochschulgesetzes bereits angekündigt.

Die entscheidende Frage dürfte für Lenzen jedoch sein, wie die Stadt die notwendigen Investitionen für Baumaßnahmen aufbringen will. Der Campus im Stadtteil Eimsbüttel ist marode. Eigentlich sollte bereits 2008 über ein Zukunftskonzept entschieden werden, jetzt soll es im Frühjahr 2010 soweit sein. Senatorin Gundelach favorisierte ursprünglich gemeinsam mit Ex-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz einen Neubau des Campus am Hamburger Hafen. Das würde nach Schätzungen der Wissenschaftsbehörde 2,1 Milliarden Euro kosten; in Hamburg kursierten aber auch deutlich höhere Summen.

Der Plan scheint jedoch vom Tisch, die Grünen und Teile der CDU sind dagegen. Andere Szenarien sehen vor, die vorhandenen Gebäude zu sanieren oder neue Häuser in der Innenstadt hochzuziehen. Auch diese Varianten wären teuer (1,3 bis 1,5 Milliarden Euro) – und sie bergen Risiken für die Uni. Für Neubauten in der Innenstadt werden zwanzig Jahre veranschlagt, die Uni wäre lange auf Übergangslösungen angewiesen. Auf dem alten Campus wäre auch bei einer Sanierung keine Erweiterung möglich.

Lenzen zeigte sich nach seiner Wahl zuversichtlich, dass Hamburg die Investitionen anpackt. Derzeit ist allerdings eher das Gegenteil der Fall: Für das kommende Jahr sind als Investitionsmittel für die Uni 8,2 Millionen Euro eingeplant, nur die Hälfte des Betrages von 2008. 2005 lagen die Investitionsmittel noch bei 33 Millionen Euro. Die Mittel seien aber allein in Vorgriff auf kommende Großinvestitionen abgesenkt worden, heißt es.

Könnte es sein, dass Lenzen den Wechsel abbläst, sollte er sich mit der Senatorin nicht einigen? Das gilt eigentlich als ausgeschlossen. Lenzen betont zwar, er habe sich noch nicht entschieden. Das dürfte aber ein taktisches Manöver sein, um seine Verhandlungsposition zu stärken. Auch an der FU heißt es, eine Rolle rückwärts von Lenzen würde als „sehr schwierig“ erachtet werden. Dieter Hanisch/Tilmann Warnecke

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