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Für freie Bildung. Viele wünschen sich eine generelle Abschaffung von Studiengebühren – hier bei einer Demo in München.

© dapd

Studie: Studenten in Deutschland: Glücklich, aber ängstlich

Eine neue Umfrage sieht Deutschlands Studierende erstaunlich zufrieden. Teilergebnisse der Studie sind dennoch besorgniserregend. Stipendien trauen sich die wenigsten zu.

Die Studierenden in Deutschland sind zu einem Großteil zufrieden mit ihren Studienbedingungen. Das ist das überraschende Ergebnis einer Studie, die das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) im Auftrag des Reemtsma Begabtenförderungswerks durchgeführt hat. Von den 2968 Befragten bewerteten 63 Prozent die eigenen Studienbedingungen mit „gut“, elf Prozent sogar mit „sehr gut“. Lediglich 24 Prozent nannten die Bedingungen „weniger gut“,oder „gar nicht gut“. Interessant: Obwohl ein großer Anteil bei der Frage nach Maßnahmen zur Verbesserung der Bedingungen spontan die Abschaffung der Studiengebühren nannte, war die Zufriedenheit in Ländern mit Gebührenfinanzierung unter den Befragten sogar minimal höher.

Die Studie, die das IfD bereits zum dritten Mal für das Reemtsma Begabtenförderungswerk durchgeführt hat, lege den Fokus explizit auf die aktuellen Befindlichkeiten und subjektiven Eindrücke der Studierenden, erklärte Oliver Blohm, Sprecher der Stiftung, bei der Präsentation der Studie am Montag in Berlin. Bei der diesjährigen Befragung verblüffe, dass die Befragten bundesweit und quer durch die sozialen Schichten ihre Lage ähnlich positiv einschätzen – egal, ob sie in den alten und neuen Bundesländern studieren, Migrationshintergrund haben oder nicht. Allerdings würden Jugendliche mit Migrationshintergrund noch immer zu selten den Schritt an die Uni schaffen. „Die Hürden sind vorgelagert“, sagte Rüdiger Schulz, Sozialforscher des Allensbach-Instituts und Leiter der Studie.

Teilergebnisse der Studie seien durchaus besorgniserregend: So rechne eine Mehrzahl der Studierenden mit einer baldigen Verschlechterung der Studienbedingungen. Zudem planten viele der bislang erfolgreichsten Studierenden, nach Abschluss oder Promotion ins Ausland zu gehen. Es sei aber überzogen, von einem „Brain Drain“ zu sprechen, da viele auch eine Rückkehr nach Deutschland planten. „Brain Circulation trifft es eher.“

Wirklich bedenklich sei jedoch, wie pessimistisch viele ihre Chancen auf ein Stipendium sähen: 2010 schätzten noch 45 Prozent der Studierenden ihre Erfolgschancen als „eher groß“ ein, 2011 waren es nur noch 31 Prozent. Gründe hierfür benennt die Studie selbst: Knapp ein Drittel der 80 Prozent der Befragten, die sich noch nie für ein Stipendium beworben haben, gaben an, dass ihnen das Bewerbungsverfahren zu kompliziert sei. Ebenso viele sagten, dass sie nicht wüssten, an welche Stelle sie sich wenden müssten. Und ganze 39 Prozent gaben an, dass die eigenen Noten ohnehin zu schlecht seien.

Aussagen, die in den Begabtenförderungswerken für Kopfschütteln sorgen: Cordula Avenarius, Pressesprecherin von Deutschlands größtem Begabtenförderungswerk, der Studienstiftung des deutschen Volkes, verweist darauf, dass sich Schulabgänger dort seit Frühjahr 2010 selbst bewerben können – völlig unabhängig von der Abiturnote, über einen Online-Test. Dies sei auch breit öffentlich kommuniziert worden. Auch in der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung kann man sich die Stipendienskepsis nicht erklären – dort gibt es bereits seit 2007 ein niedrigschwelliges und ebenfalls nicht notengebundenes Stipendium „auf Probe“, dessen Übernahmequote in die Hauptförderung nach Stiftungsangaben bei 80 Prozent liegt.

Rüdiger Schulz sieht denn auch eine andere Ursache für die Vertrauenskrise: Dass das groß angekündigte „Nationale Stipendienprogramm“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung de facto mit nur wenigen 1000 kofinanzierten Stipendien gestartet sei, habe der Akzeptanz des Gesamtsystems geschadet.

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