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Nico Woitkowiak, Auszubildender bei einem Autoservice in Potsdam. Seine Aussichten sind gut, nicht nur, weil er schon einmal "Azubi des Monats" der Handwerkskammer war.

© Sebastian Gabsch PNN

Turners Thesen: Mit dem Abi an die Uni? Eine Ausbildung kann der bessere Weg sein

Das Abi ist nicht nur Hochschulreife, sondern auch höhere Reife für andere Jobs. Unser Kolumnist findet, es zeugt von Reife, erstmal einen Beruf zu lernen.

Wieder einmal klafft eine Lücke zwischen freien Ausbildungsplätzen und der Nachfrage bei der dualen Berufsausbildung.

Es gibt zu wenige Lehrlinge, dafür unbesetzte Stellen. Bald könnte es eine solche Lücke geben zwischen den Hochschulabsolventen und verfügbaren Stellen, mit dem Unterschied, dass es an Stellen für akademisch Ausgebildete fehlt.

Das Abi ist nicht nur eine Hochschulreife

Was läge näher als die Empfehlung, sich statt für ein Studium für eine Ausbildung im dualen System, bestehend aus Betrieb und Berufsschule, zu entscheiden? Aber fast zwanghaft wird so getan, als folge auf die Hochschulreife zwingend ein Studium. Beim Ausbau des höheren Schulwesens war aber ein leitender Gedanke, dass für immer mehr Berufe zwar das Abitur von Nutzen sei, ein Studium aber keineswegs erforderlich.

Fehlentwicklungen bei der Wahl versuchte man zwischenzeitlich dadurch zu korrigieren, dass man Studienabbrechern besondere Konditionen anbot, wenn sie in eine berufliche Lehre wechselten. Der Umweg lässt sich vermeiden, wenn die Entscheidung gleich zu Gunsten der beruflichen Ausbildung fällt. Mit der Lehre wird ein solides Fundament gelegt. Nach überschaubarer Zeit ist eine Berufsqualifikation erworben. Man begibt sich nicht der Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt noch ein Studium aufzunehmen. Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung ist jedenfalls eine gesicherte Lebensgrundlage geschaffen.

Zu wenige Studierende? Nur in wenigen Fächern

Trotz der Vorzüge des dualen Ausbildungssystems wird es nicht im gewünschten Maße angenommen. Die Masse drängt in die Hochschulen. Sofern das die Fachhochschulen sind und diese ein berufsorientiertes Studium anbieten, ist die Ausbildung dort zu empfehlen. Falsch kann es sein, unbedingt „auf die Uni“ gehen zu wollen. Zum einen sind für die erfolgreiche Bewältigung eines Studiums dort bestimmte Fähigkeiten notwendig, die nicht immer vorhanden sind.

Ein Porträtbild von George Turner.
Wer mit dem Autor George Turner diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: george.turner@t-online.de

© Tsp

Zum anderen kann die Enttäuschung später groß sein, wenn keine entsprechenden Beschäftigungsmöglichkeiten gegeben sind.

Die Weichenstellung nach dem Abitur ist wichtig und will gut überlegt sein. Keinesfalls sollte man sich einem Automatismus hingeben und meinen, eine Hochschulreife müsse zur Aufnahme eines Studiums führen. Lange ist der Irrglaube vor allem von der OECD, besonders deren Direktor für Bildung, Andreas Schleicher, verbreitet worden, Deutschland hätte zu wenige Studierende.

Das mag für einzelne Fächer aus dem Ingenieurbereich zutreffen, allgemein ist eine solche Aussage irreführend. Vor allem sagt sie nichts über Berufschancen. Da ist es solider, wenn Industrieverbände darauf hinweisen, dass es bald an Fachkräften mangeln wird, wenn immer weniger Abiturienten sich für eine Ausbildung im dualen System entscheiden, obwohl diejenigen, die dies täten, gute Berufsaussichten hätten.

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