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Zahlreiche Familien mussten wegen der Überschwemmungen ihr Zuhause verlassen.

© AFP / Fida Hussain

Unfaire Klimafolgen: In Pakistan drohen weitere Wetterextreme

Im Frühjahr herrschten Dürre und Hitze, nun kommt es zu Überschwemmungen. Wie der Klimawandel mit der humanitären Katastrophe in Pakistan zusammenhängt.

„Die Menschen in Pakistan sind mit einem Monsun auf Steroiden konfrontiert“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres bei der Vorstellung eines Hilfspakets für das betroffene Land. Die Auswirkungen der „epochalen“ Regenfälle und Überschwemmungen seien unerbittlich.

Ungewöhnlich starke Überflutungen durch den Monsun, der jährlich Niederschläge bringt, gab es in Pakistan zuletzt im Jahr 2010. Im Frühjahr 2022 erlebte Pakistan das extreme Gegenteil der Wetterbedingungen: Dürre und eine Hitzewelle mit Temperaturen von über 50 Grad Celsius.

Die Natur bestraft Pakistan, dessen Anteil an den weltweiten Treibhausgasemissionen weniger als ein Prozent beträgt, unverhältnismäßig hart.

Muhammad Saleem Pomee, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Regionaler Klimawandel und Gesundheit, Universität Augsburg

Die Wetterlagen hängen auch mit dem Klimawandel zusammen, dessen Folgen das Land mit rund 220 Millionen Einwohnern hart treffen. Sowohl extreme Niederschläge als auch Dürren und Hitze werden in der Region mit weiter voranschreitender Erwärmung häufiger erwartet.

In den Fluten haben bereits etwa 1300 Menschen das Leben verloren. Ein Drittel des Landes steht unter Wasser und mehr als 33 Millionen sind nach Regierungsangaben von den Überschwemmungen betroffen. Abschmelzende Gletscher im Himalaya und die schweren Regenfälle haben den Indus über die Ufer treten lassen, der in dem Gebirge entspringt und in das Arabische Meer im Süden Pakistans mündet.

Eingriffe in natürliche Wasserwege, unzureichende Wasserspeicher und die rasche Abholzung der Wälder hätten die Überschwemmungen in weiten Teilen Pakistans weiter verschlimmert, sagte Muhammad Saleem Pomee von der Universität Augsburg dem Science Media Center Deutschland.

Ursache sind jedoch ungewöhnlich starke Niederschläge. Der Sommermonsun wird von einem Temperaturgradienten angetrieben. Die Luft über dem Land erwärmt sich stärker als die über dem Indischen Ozean. Entstehender Wind transportiert feuchte Luft landeinwärts, die Niederschläge nach Indien und Pakistan bringt. Bei der Kondensation des Wasserdampfs zu Regentropfen wird latente Wärme frei, die den Temperaturgradienten verstärkt und das System üblicherweise von Juni bis September aufrechterhält.

Rund ein Drittel der Landesfläche steht unter Wasser.
Rund ein Drittel der Landesfläche steht unter Wasser.

© AFP / AFP/Fida Hussain

In diesem Jahr setzte der Monsun besonders früh ein und brachte deutlich mehr Regen als üblich. „Allein im Juli wurden mehr Niederschläge verzeichnet, als im Mittel in der gesamten Saison fallen“, berichtet Pomee. Im Süden und Südwesten Pakistans ist mehr als fünfmal so viel Regen gefallen wie im Durchschnitt. Die Überschwemmungen hätten die von 2010 bereits übertroffen, obwohl noch ein regenreicher September ansteht.

Die vorangegangene Hitzewelle könnte den Monsun verstärkt haben, vermutet Pomee. Meteorologen hatten schon früh im Jahr vor besonders starken Niederschlägen gewarnt, da die erwärmte Luft auch mehr Wasser aufnehmen kann. Außerdem könnten weiter entfernte Klima- und Wetterphänomene beigetragen haben: eine Abkühlung des Pazifiks in Äquatornähe und auch die europäische Hitzewelle haben wahrscheinlich zusätzlichen Feuchtigkeitstransport nach Pakistan begünstigt.

Das Monsunsystem ist ein Kippelement im Klimasystem der Erde. Das bedeutet, dass es bei fortschreitender Erwärmung in einen neuen Grundzustand übergehen könnte. Neben den Temperaturbedingungen wirken sich auch Luftverschmutzung und die Landnutzung in der Region aus. Wird der Kipppunkt überschritten, könnten sich künftig abgeschwächte und verstärkte Monsunsaisons abwechseln und häufiger zu jährlichen Dürren oder Überflutungen führen.

„Die Natur bestraft Pakistan, dessen Anteil an den weltweiten Treibhausgasemissionen weniger als ein Prozent beträgt, unverhältnismäßig hart“, sagt Pomee zur aktuellen Flutkatastrophe. Der Westen sollte seine globalen Selbstverpflichtungen im Klimaschutz erfüllen, wie im Pariser Abkommen vereinbart, um Regionen wie Pakistan vor den negativen Folgen des Klimawandels zu schützen, auch damit die Menschen in der Region nicht zu Klimaflüchtlingen werden.

„Durch die Flutkatastrophe wurden laut internationalen Hilfsorganisationen bereits mehr als eine Million Menschen vertrieben“, sagte Jacob Schewe vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung dem SMC. Dies bedeute in der Regel Vertreibung innerhalb des Landes. Neben gewaltsamen Konflikten sind extreme Wetterlagen regelmäßig Ursache: „Davon sind weltweit jedes Jahr viele Millionen Menschen betroffen allein aufgrund von Überflutungen und Stürmen.“

Insbesondere in Teilen Indiens und Pakistans, aber auch am Persischen Golf könnten Hitzewellen künftig häufiger hinzukommen. „Wenn die globale Erwärmung ungebremst fortschreitet, steigt das Risiko für tödliche Hitzewellen, also heiße und feuchte Wetterbedingungen, bei denen selbst gesunde Menschen im Freien nicht überleben können“, sagt Schewe.

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