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In der Wartehalle.

© Christina Franzisket

Reise-Tagebuch: China per Bahn live (4): Zeitsprung in die Vergangenheit

Unsere Autorin Christina Franzisket ist auf Ihrer Zugreise inzwischen in Pingyao angekommen. Dort erlebt sie ein gleichermaßen traditionelles wie rückständiges China - und seine Menschen.

Mit 350 Kilometern pro Stunde bringt uns der moderne D-Zug in drei Stunden vom Hochglanzbahnhof in Peking in die Provinz Shanxi. Während der Fahrt sehen wir Fabriken, rauchende Schornsteine und eine Baustelle nach der anderen. In Shanxi liegen 22 Prozent der Kohlevorkommen ganz Chinas. In den unzähligen Kohlebergwerken der Provinz, mit etwa 31 Millionen Einwohnern, schuften arme Wanderarbeiter, die die harte Arbeit und den geringen Lohn manchmal sogar mit dem Leben bezahlen. Außer Kohle gibt es in Shanxi Fabriken für Eisen, Kupfer, Düngermittel und Papier.

Seit gestern Abend haben wir eine neue Reiseleiterin: Ling. Sie ist dreißig Jahre alt und eine attraktive Chinesin: Sie hat porzellanweiße Haut und schützt diese stets mit einem Sonnenschirm. Die Männer auf der Straße pfeifen ihr hinter her, wenn sie vorbei geht. Am Bahnhof von Taiyuan, der Hauptstadt von Shanxi, müssen wir umsteigen. Es scheint, als hätten wir einen Zeitsprung in die Vergangenheit gemacht. Die Menschen am Bahnhof tragen keine Markenklamotten mehr wie in Peking sondern einfache Bauernkleidung. Große schwarze Knopfaugen starren uns verwundert an, als wir den Warteraum für unseren Anschlusszug betreten.

So kann man auch Windeln sparen.

© Christina Franzisket

Touristen verirren sich eher selten hier her

Während unsere Reiseleiterin erzählt, stellen sich viele Neugierige einfach mit dazu. Ling sagt, es kommen nur sehr selten Touristen hier her. Einige der Wartenden haben schlimme Verbrennungen im Gesicht. Der lokale Guide Ju, der in Taiyuan zu uns stößt, erklärt, dass die Verletzungen von Unfällen in den Chemiefabriken stammen.

Erstaunt sind wir von der chinesischen Idee Windeln zu sparen: Ein kleines Mädchen, das auf dem Rücken des Vaters getragen wird, hat einen Schlitz in der Hose und der Popo schaut heraus. Ein Junge sitzt breitbeinig bei seiner Mutter auf dem Schoß und hat durch seinen Schlitz bereits ihre Hose bewässert. Vielleicht doch nicht die optimale Lösung.

Nach einer Stunde mit dem Bummelzug kommen wir in Pingyao an. Mit Elektrotaxis werden wir in unsere Herberge gebracht. Ganz traditionell schlafen wir alle auf Steinbetten. Die Zimmer sind verziert mit chinesischen Zeichnungen, roten Vorhängen und einer typischen roten Lampe. Die roten Lampions stehen für Fröhlichkeit und schmücken die ganze Stadt Pingyao. Hier stehen kleine Häuser mit spitzen Dächern, davor sitzen die Alten, spielen Gesellschaftsspiele oder sonnen sich. Wir schlendern im Abendlicht durch die engen, romantischen Gassen, bestaunen und fotografieren und werden bestaunt und fotografiert.

Christina Franzisket

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