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Wie teuer dürfen Geschenke sein, die ein Lehrer annimmt? Ein Berliner Fall hat eine Debatte ausgelöst.

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4000 Euro Strafe für ein Präsent: Lehrerin hat sich Skulptur als Geschenk gewünscht

Im Geschenke-Streit gibt es neue Erkenntnisse: Die Lehrerin, die ein zu teures Präsent von ihrer Klasse annahm, soll den Preis gekannt haben. Die grundsätzliche Debatte geht unterdessen mit neuen Wortmeldungen weiter.

Die Lehrerin, die wegen Annahme eines Klassengeschenks 4.000 Euro Geldauflage zahlen musste, hat sich die Loriot-Plastik zum Abschied von ihren Schülern selbst gewünscht. Justizsprecher Martin Steltner sagte dem Tagesspiegel, der Kauf der Plastik beruhte damals auf ihren eigenen Angaben, was sie als Geschenk haben wolle. Es sei ihr deshalb auch bekannt gewesen, welchen Wert das Präsent hatte. Offenbar hatte die Ermittler dies in ihrer Ansicht bestärkt, ein Korruptionsdelikt anzunehmen und Ermittlungen wegen Vorteilsannahme einzuleiten. Unterdessen betonen Schulexperten, in Berlin würden die meisten Eltern für ein Geschenk an Lehrer mehr als 10 Euro ausgeben. An einer Schule in Steglitz-Zehlendorf etwa wurde eine hochwertige Espressomaschine als Dankeschön überreicht.

Ein Vater warnte vor dem Vorhaben

Beim Skulpturen-Fall an dem Gymnasium im Ostteil der Stadt hatten Schüler und Eltern einer 10. Klasse 2011 für die Lehrerin Geld gesammelt, um sich mit einem Geschenk bei ihr zu bedanken. Auf den Wunsch der Lehrerin wurde die Skulptur „die Badenden“ für 198 Euro angeschafft, dazu ein Blumenstrauß für 20 Euro. Rund 135 Euro waren von der Sammlung noch übrig, das Geld kam nach Justizangaben in die Klassenkasse.

Ein Vater aus der Klasse, selbst Schulleiter, hat laut Justiz frühzeitig vor dem Vorhaben gewarnt, weil dies nach den dienstlichen Bestimmungen verboten sei. Die Bedenken wurden jedoch offenbar nicht geteilt. Im November habe der Mann die Lehrerin direkt angesprochen, einen Tag später habe diese die Plastik bei der Schulleitung abgegeben. Wie es scheint, hat der Vater die Lehrerin schon bald darauf angezeigt, denn 2012 lief das Verfahren gegen sie bereits, das Ende 2013 gegen Zahlung der Geldauflage eingestellt wurde. Mehrere Gespräche mit der Schulaufsicht, um die Sache zu befrieden, waren zuvor nach Angaben der Bildungsverwaltung ergebnislos geblieben. Die Verwaltung übergab die Skulptur dann der Polizei.

Debatte über 10-Euro-Geschenkegrenze

Die Vorgänge hatten das Klima in der Klasse belastet. Die Position des Schülers, dessen Vater Anzeige erstattet hatte und wegen der auch gegen alle Eltern ermittelt wurde, und die Positionen der anderen Schüler waren, wie ein Insider schildert, „zu unversöhnlich. Freundschaften und soziale Beziehung gingen auseinander, das Klima in der Oberstufe litt“. Inzwischen haben die Jugendlichen die Schule längst verlassen.

Unterdessen prüft die Innenverwaltung, ob die 10-Euro-Geschenkegrenze für Staatsdiener angehoben werden kann – der Regierende Bürgermeister Michael Müller hat dies in der Senatssitzung angeregt. Der Anti-Korruptions-Arbeitskreis der Senatsverwaltungen hatte angesichts des Falles Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) bereits empfohlen, bei Abschlusspräsenten für Lehrer flexibler zu sein. Man habe keine Bedenken, wenn der Wert eines Straußes „ersichtlich über 10 Euro“ liege, heißt es. Auch der Berliner Anwaltsverein sprach sich für eine Erhöhung der Obergrenze aus.

Erhard Laube, früher GEW-Vorsitzender, Leitender Oberschulrat und Schulleiter, sagte hingegen, die 10-Euro-Grenze solle bleiben. Stattdessen ist er für eine Bestimmung, dass jedes Geschenk – auch unter 10 Euro – dem unmittelbaren Vorgesetzten gemeldet werden solle, der dann über die Verwendung entscheide. „So bekommt man eine Dokumentation, ob jemand vielleicht ständig mehrere kleine Geschenke annimmt.“ Er selbst habe erlebt, dass Mütter mit einer Gefälligkeit den Lehrer fürs Kind gewinnen wollten. Das müsse jeder Pädagoge ablehnen.

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