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Brandenburg, Blankenfelde-Mahlow: Das Gebäude der Lunapharm Deutschland GmbH.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB

Abschlussbericht zu Pharmaskandal in Brandenburg: Ein Dokument des Versagens

Die Taskforce sieht gravierende Mängel. Sie plädiert für mehr Personal für die Arzneikontrolle und ein eigenes Gesundheitsressort.

Zur Aufklärung des Pharmaskandals hatte Diana Golze (Linke) am 20. Juli eine Taskforce eingesetzt, der Experten auf unterschiedlichen Gebieten angehörten. Der 59 Seiten umfassende Bericht der Expertengruppe, der dem Tagesspiegel vorliegt, wurde am Dienstag nach dem Rücktritt Golzes im Gesundheitsausschuss des Landtags vorgestellt. Die wichtigsten Befunde im Überblick.

Waren die von Lunapharm gelieferten Krebsmedikamente unwirksam?

Das werden die betroffenen Patienten womöglich nie erfahren, denn bislang fehlten für eine Beurteilung wichtige Informationen, die ausgelieferten Medikamente wurden größtenteils verbraucht. Bislang liegen erst für zwei Arzneimittel Laboranalysen von Rückstellmustern vor. Es sei „enorm schwierig und letztendlich wohl nicht eindeutig zu klären“, ob bei den aus Griechenland durch Lunapharm illegal importierten, temperaturempfindlichen Arzneimitteln relevante Beeinträchtigungen der Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit vorlagen und damit der Nutzen der Anwendung für Patienten gemindert war, heißt es in dem Bericht. Ob Risiken aber auszuschließen sind, „kann auch nicht mit hinreichender Sicherheit gesagt werden“, räumt die Taskforce ein, zu denen auch die Gesundheitsstaatssekretärin gehörte.

Wurden Patienten und Ärzte inzwischen ausreichend informiert und wie viele Patienten sind potenziell betroffen?

Es sei weiter unklar, ob inzwischen alle Ärzte, die von Lunapharm importierte Arzneimittel verordnet haben, ausreichend über die Vorgänge informiert sind und somit auch ihre Patienten. Zur Zahl möglicherweise Betroffener wird keine Aussage gemacht. „Die Mitglieder der Taskforce legen großen Wert auf die Feststellung, dass durch das Handeln von Personen oder Firmen Patienten in Deutschland einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt wurden“, heißt es nur.

Haben die Zuständigen im Landesgesundheitsamt, die bereits Ende 2016 Kenntnis von möglichen illegalen Pharmageschäften hatten, richtig reagiert?

Nein. Unter anderem der „wenig zielführende“ E-Mail-Verkehr zwischen dem Brandenburger Amt und den griechischen Behörden führe die Taskforce zu der Schlussfolgerung, dass bei den Verantwortlichen nicht nur „ein Mangel an Detailkenntnissen“ vorlag, sondern es auch an Erfahrungen zum Umgang mit Risiken, hinreichend früher Information der Vorgesetzten und „insbesondere an der Verinnerlichung des obersten Gebots der Risikoabwehr und damit des Patientenschutzes“ fehlte.

Warum wurde zum Schutz der Patienten nicht frühzeitig reagiert?–

Beim Behördenversagen hätten mehrere unterschiedliche Faktoren zusammengewirkt. Dazu zählen laut Bericht eine Unterschätzung der Bedeutung des Sachverhalts, eine wenig stringente Befolgung von Dienstanweisungen, aber auch „eine in qualitativer und quantitativer Hinsicht personell unzureichend besetzte Fachaufsicht“ im Ministerium sowie „eine den Anforderungen nicht entsprechende“ Besetzung der Aufsichtsbehörde im Landesamt für Arbeitschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG).

Welche Empfehlungen gibt die Taskforce für das Ministerium als oberste Gesundheitsbehörde?

Die Expertengruppe regt unter anderem eine Diskussion darüber an, ob die Aufgaben nicht besser auf ein eigenes Ressort für Gesundheit und Pflege konzentriert werden sollten. Bislang gehören zum Gesundheitsministerium auch die Bereiche Soziales, Arbeit, Familie und Frauen. Zudem rät die Kommission, die Aufgaben im Zusammenhang mit Medikamentenkontrolle ausschließlich einem nur mit der Aufsicht betrauten Referat zuzuordnen und dieses personell gut auszustatten. Zudem werden eine „stringente Verbesserung der internen Aktenführung“, mehr Schulungen sowie die Einrichtung eines Vier-Augen-Prinzips in einem Aufsichtsreferat sowie die Einrichtung einer internen Revision empfohlen.

Was empfiehlt die Taskforce für die Aufsichtsbehörde, also das LAVG?

Eine personelle Aufstockung sei „unabdingbar – auch um die Arbeitssituation zu verbessern und so weitere Kündigungen zu vermeiden“. Die Anwendung des Vier-Augen-Prinzips sowie eine kritische Prüfung der Aktenführung seien „zwingend erforderlich“. Wichtigster Vorschlag: eine Verlagerung des Amtes nach Potsdam. Aktuell hat das LAVG zwei weit auseinanderliegende Standorte in Brandenburg. Leitung und Verwaltung sitzen in Potsdam, die Abteilung Gesundheit in Wünsdorf (Teltow-Fläming). Das sei nicht nur unattraktiv für Arbeitnehmer, sondern auch ungünstig für die interne Kommunikation.

Marion Kaufmann

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