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Das Bundeswehrkrankenhaus in Berlin.

© IMAGO / Stefan Zeitz

Acht Verwundete aufgenommen: Berliner Bundeswehrkrankenhaus behandelt erneut ukrainische Soldaten

Auch in Berlin werden Soldaten versorgt, die bei Kämpfen im Osten der Ukraine verwundet wurden. Sie werden mit einer speziellen Therapie behandelt.

Das Bundeswehrkrankenhaus Berlin (BWK) behandelt erneut ukrainische Soldaten, die bei den Kämpfen im Osten des Landes verwundet wurden. Am Dienstag hat das Krankenhaus acht Verwundete aufgenommen. Das teilte ein Sprecher des Sanitätsdienstes der Bundeswehr dem Tagesspiegel mit.

Behandelt werden demnach insbesondere Schuss- und Explosionsverletzungen oder Frakturen, die durch diese hervorgerufen wurden. Die Mediziner:innen des BWK würden auch "nicht-heilende, chronische Wunden, die Folge der Verletzungen sind" behandeln, außerdem "Infektionen mit multiresistenten Keimen", sagte der Sprecher.

Auch die Bundeswehrkrankenhäuser in Ulm und Hamburg haben zeitgleich ukrainische Soldaten aufgenommen. Die Patienten waren mit Flugzeugen der Luftwaffe aus Kiew geholt worden.

In den vergangenen Jahren hat das BMK bereits mehrfach Verwundete aus dem Kampfgebiet im Osten der Ukraine behandelt, zuletzt 2019. Damals wurden vor allem multiresistente Erreger in infizierten Wunden behandelt. Dazu setzten die Berliner Mediziner:innen unter anderem sogenannte Bakteriophagen ein. Das sind spezielle Viren, die Bakterien angreifen und töten. Für den Menschen sind sie ungefährlich.

Bakteriophagen passen sich durch Mutationen an die Veränderungen der Krankheitserreger an. Sie sind sehr spezialisiert und können jeweils nur ein bestimmtes Bakterium angreifen. Bei der Behandlung werden daher mehrere Phagen kombiniert und in Form eines sogenannten Phagencocktails verabreicht, der individuell an das Krankheitsbild angepasst wird. Nach Tagesspiegel-Informationen werden die Soldaten auch diesmal mit der Phagentherapie behandelt.

Militärkrankenhaus erforscht Phagentherapie

Das Behandlungsverfahren ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden. In Deutschland spielt es derzeit im normalen Klinikbetrieb keine Rolle. Eine Phagentherapie darf nur in Notsituationen und mit Zustimmung der Patientin oder des Patienten eingesetzt werden. Die Phagen könnten aber in bestimmten Fällen als Alternative zu Antibiotika eingesetzt werden oder diese ergänzen, sagen ihre Befürworter.

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Bevor die Behandlung auch von der Krankenkasse bezahlt werden könnte, müssen die Phagen noch weiter erforscht werden. Das geschieht unter anderem am Berliner Militärkrankenhaus im Rahmen des Forschungsprojektes Phagoflow, das vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses mit 2,6 Millionen Euro gefördert wurde. Daran beteiligt sind auch zwei Einrichtungen mit Sitz in Braunschweig: das Leibniz-Institut Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen sowie das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin.

Im Dezember 2019 fand im Bundeswehrkrankenhaus unter der wissenschaftlichen Leitung von Oberstarzt Christian Willy eine Konferenz zur Phagentherapie statt. Forschende aus 17 Nationen tauschten sich über den aktuellen Wissensstand und Forschungsperspektiven aus.

Wie lange die Soldaten in Berlin bleiben, ist unklar

Das Krankenhaus in der Scharnhorststraße in Berlin-Mitte ist eines von fünf Bundeswehrkrankenhäusern in Deutschland und die größte medizinische Einrichtung der Bundeswehr im nordostdeutschen Raum. Neben Militärangehörigen behandelt das Krankenhaus auch Zivilist:innen sowie Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestags. Das BWK ist außerdem ein akademisches Lehrkrankenhaus der Charité, mit der es auch in der Grundlagenforschung zur Phagentherapie zusammenarbeitet.

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Wie lange die ukrainischen Soldaten in Berlin bleiben werden, lasse sich noch nicht sagen, teilte der Sprecher mit. Die Behandlungsdauer eines jeden Falles sei von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. In besonders komplizierten Fällen könne die Behandlung mehrere Monate in Anspruch nehmen.

Der Sanitätsdienst der Bundeswehr unterstützt die Ukraine bereits seit Beginn der dortigen Kampfhandlungen 2014. Insgesamt wurden dem Sprecher zufolge über 130 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in deutschen Bundeswehrkrankenhäusern behandelt. Außerdem haben zivile Krankenhäuser wie die Charité einige Verwundete aufgenommen.

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