zum Hauptinhalt
In der Zentrale. Airbnb hat seinen Hauptsitz in Kalifornien.

© Gabrielle Lurie/Reuters

Airbnb-Chefstratege in Berlin: Bill Clintons Ex-Wahlkämpfer umwirbt den Senat

Mit 500 Städten hat Airbnb Partnerverträge geschlossen. Dafür wirbt Manager Chris Lehane auch in Berlin. Doch der Senat lehnt ab. Allerdings nicht als Einziger.

Es hat schon bessere Zeiten gegeben für Unternehmen, die ein Geschäft mit Wohnraum in Berlin machen wollen: Im Sommer 2018 hatte der Senat ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnungen eingeführt mit dem Argument, dass diese nicht dem regulären Mietmarkt entzogen werden dürften. Ein Jahr später brachte die rot-rot-grüne Landesregierung ihren jüngst im Abgeordnetenhaus verabschiedeten Mietendeckel auf den Weg. Zudem kauft der Finanzsenator bei vielen guten (und nicht so guten) Gelegenheiten Wohnungsbestände von Investoren zurück.

Das kalifornische Welt-Unternehmen Airbnb lässt sich von dieser Lokalpolitik nicht abschrecken und nimmt jetzt einen neuen Anlauf, den Senat von den Vorzügen einer Kooperationsvereinbarung zu überzeugen – und fährt so eine ähnliche Strategie wie der Fahrdienstvermittler Uber, der auch stetig nach Wegen sucht, den Berliner Taxi-Markt aufzumischen.

Die erste Airbnb-Gastgeberkonferenz

Vor einigen Tagen kam Airbnbs Chef-Stratege und Lobbyist Chris Lehane an die Spree, um die politische Stimmung zu verbessern und bei der ersten großen Airbnb-Gastgeberkonferenz für die deutschsprachigen Länder teilzunehmen. In der Kalkscheune in bester Berlin-Mitte-Lage tauschten sich mehr als 250 Gastgeber zu Themen wie verantwortungsbewusstes Gastgeben, Nachhaltigkeit und Brandschutz aus. Teilnehmer konnten auch lernen, wie sie schmeichelhaftere Fotos von ihren Wohnungen machen können, um diese auf der Plattform besser zu präsentieren.

[Airbnb und Ferienwohungen sind auch Thema in unseren „Leute“-Newslettern aus den Berliner Bezirken. Sie sind kostenfrei zu bestellen unter diesem Link.]

Der 52-jährige Manager und Politikberater Lehane, der vor 18 Jahren den Wahlkampf für die US-Demokraten Bill Clinton und Al Gore im Ostküstenstaat Massachusetts organisiert hatte, stellte auch in Berlin seine Modelle vor, mit denen er weltweit bereits rund 500 Städte- und Kommunen geködert, und für eine schriftlichen Kooperationsvereinbarung gewonnen hat. Darunter Hamburg, Frankfurt am Main, Dortmund und Dresden.

Airbnb-Manager Chris Lehane: Es gibt nur Gewinner

Seine Argumentation lässt sich so zusammenfassen: Bei einer Zusammenarbeit mit Airbnb gibt es nur Gewinner! Konkreter: Kommunen nehmen mehr Steuern ein, lenken Touristenströme auch in bisher nicht entdeckte Regionen oder Stadtteile, Airbnb biete Menschen die Möglichkeit, etwas dazuzuverdienen. Und speziell Gruppen, die in einigen Gesellschaften bisher keine ergiebigen Quellen für eigenes Erwerbseinkommen hatten: Frauen zum Beispiel – 56 Prozent der Unterkünfte weltweit würden von Frauen vermietet, erklärt Lehane.

Und die Vorstellung, dass der Konzern hier nur Profite mache, um sie dann an Aktionäre in Übersee zu verteilen, stimme nicht: Bis zu 97 Prozent der über Airbnb generierten Umsätze blieben in den jeweiligen Regionen. Zudem habe das Unternehmen im Jahr 2018 seinen Partnerkommunen geholfen, in Summe zwei Milliarden Dollar an Tourismussteuern einzusammeln. Man habe dem Senat mehrfach angeboten die City-Tax einzuziehen.

Mit dem Hundesitter durch den Grunewald

Airbnb vermittelt längst nicht nur Zimmer an Urlauber, sondern auch Erlebnisse oder Aktivitäten („Experiences“): Das können Kochkurse sein oder Spaziergänge mit Hunden. „Das läuft super“, erklärt Lehane im Gespräch mit dem Tagesspiegel in der Berliner Airbnb-Büro nahe dem Hackeschen Markt. „Offensichtlich gibt es so viele Hundehalter auf Reisen, die ihr Tier vermissen, dass sie Geld dafür bezahlen, um zum Beispiel mit einem Hundesitter durch den Grunewald zu spazieren“.

Berlin werde immer internationaler, stelle er mit jedem Besuch fest, wobei ihm bewusst sei, dass dies ein typisches Innenstadtphänomen sei und in Außenbezirken ganz anders aussehen könne. „Wir können und möchten den Senat bei seiner Strategie unterstützen, auch die Ecken der Stadt abseits der alten Touristenhotspots kennenzulernen“, sagt er. Viele Touristen kämen immer noch nach Berlin wegen der Geschichte. Und die TV-Serie „Babylon Berlin“, die die 1920er-Jahre der Stadt ausleuchtet, sei auch in Amerika sehr erfolgreich. Das werde ebenfalls Gäste bringen.

Für ihn persönlich sei Berlin eine der Top-Fünf-Städte weltweit, erklärt der Mann, der jedes Jahr etwas 100 Tage außerhalb der USA unterwegs ist.

Katrin Lompschers Verwaltung und die Schmeicheleien

In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen unter Führung der Linken-Politikerin Katrin Lompscher scheint man gegen derartige Schmeicheleien immun. „Im Gegensatz zu Hamburg steht in Berlin die Nutzung von Wohnraum für die Überlassung als Ferienwohnung grundsätzlich unter einer Genehmigungspflicht“, erklärt ihre Sprecherin Katrin Dietl am Dienstag die verwaltungsrechtliche Grundlage. In Hamburg werde nicht automatisch genehmigt, sondern automatisch eine Registrierungsnummer vergeben. In Berlin bedürfe es in jedem Einzelfall der Prüfung und Entscheidung, ob die zweckfremde Vermietung einer Wohnung als Ferienwohnung genehmigt werden kann. „Ein Vergleich ist deshalb schon auf Grund der unterschiedlichen Gesetzeslagen nicht möglich“, sagt sie.

Im Gegensatz zu der Betonung einer guten Zusammenarbeit mit vielen Städten durch Airbnb hätten sich Vertreter der Städte Amsterdam, Barcelona, Berlin, Bordeaux, Brüssel, Krakau, Lissabon, Madrid, Paris, Reykjavik, Valencia und Wien zusammengetan, mit dem Ziel, illegale und unkontrollierte Ferienvermietung zu verhindern. So solle auch verhindert werden, dass Wohnungen dem regulären Mietmarkt entzogen werden, weil über eine kurzfristige Ferienvermietung höhere Einnahmen erzielt werden können als durch eine dauerhafte Vermietung. Die Städte würden daher eine obligatorische Registriernummer fordern, die allen Ferienunterkunftsplattformen auferlegt werde.

Berlin will die Daten von Airbnb

Es habe in der Vergangenheit bereits mehrere Treffen mit Vertretern von Airbnb gegeben, erklärt die Sprecherin der Senatorin weiter. Das Land Berlin habe dabei seine Position klar dargestellt. „Wir erwarten, dass Airbnb bei Verdachtsfällen auf Zweckentfremdung die Daten der Nutzer preisgibt. Airbnb verweigert dies bislang. Ein vorgeschlagenes automatisiertes Genehmigungsverfahren in dem Sinne, dass online ein Antrag gestellt und automatisiert eine Genehmigung beziehungsweise Registriernummer erteilt wird, ist aus unserer Sicht nicht realisierbar; es bedarf in Berlin in jedem Einzelfall der Prüfung und Entscheidung, ob die zweckfremde Vermietung einer Wohnung als Ferienwohnung genehmigt werden kann.“

Das habe der Berliner Gesetzgeber mit guten Gründen so entschieden, darüber könne der Senat auch nicht mit Airbnb verhandeln. „Eine Kooperation wäre nur denkbar, wenn Airbnb bei begründetem Verdacht eines Wohnungsamtes, dass eine angebotene Ferienwohnungsnutzung zweckentfremdungsrechtlich illegal ist, über den Vermieter und das Mietobjekt Auskunft gibt. Dies wird aber von Airbnb abgelehnt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false