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© dpa-Zentralbild

Arbeitskampf: Verdi zwingt Easyjet auf den Boden

Die Easyjet-Mitarbeiter in Schönefeld streikten am Donnerstagmorgen – hunderte Passagiere mussten auf ihre Flüge verzichten.

Schönefeld - Sehr ärgerlich, sagt der Herr mit dem sorgsam gepflegten Schnurrbart in der Halle des Flughafens Schönefeld. Ärgerlich, aber verständlich, sagt seine Frau. „Schließlich haben auch Piloten und Stewardessen ein Recht auf Streik.“ Für hunderte Fluggäste der Fluglinie Easyjet endete die Reise am Donnerstag schon auf dem Flughafen. Einige Passagiere machten es sich auf den Sitzbänken im Gebäude bequem und versuchten etwas unleidlich, den durch das frühe Aufstehen versäumten Nachtschlaf nachzuholen. Die Gewerkschaft Verdi hatte zum Ausstand aufgerufen. Verdi zufolge streikten dann auch die 65 Easyjet-Kollegen der Frühschicht, die meisten vom Bodenpersonal – genug, dass acht Hin- und Rückflüge zunächst ausfielen.

Die Fluglinie hatte erst einen Tag zuvor von dem Kurzstreik erfahren. Einige Passagiere habe man noch in der Nacht zu Donnerstag anzurufen versucht. Easyjet sei enttäuscht, der Ausstand schade den Fluggästen. Insgesamt beschäftigt Easyjet in seiner deutschen Dependance in Schönefeld rund 300 Mitarbeiter.

Hintergrund der Gewerkschaftsaktion ist ein seit Monaten schwelender Streit zwischen den von Verdi vertretenen Mitarbeitern und der britischen Fluglinie. Verdi-Verhandlungsführer Holger Rößler sprach von einer „anhaltenden Blockade“ durch den Arbeitgeber: Easyjet verweigere den Beschäftigten eine hierzulande übliche Interessenvertretung. Weil für Flug- und Seefahrtsbetriebe traditionell besondere gesetzliche Regeln gelten, müssen Betriebsräte in diesen Branchen durch Tarifverträge abgesichert werden. Einen solchen Betriebsnormentarifvertrag hatte Easyjet bisher jedoch verweigert, die Mitarbeiter haben derzeit britische Arbeitsverträge.

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, waren bereits im Dezember rund 50 Beschäftigte der Billigfluglinie in einen mehrstündigen Warnstreik getreten. Damit könnten sie möglicherweise bald erfolgreich sein. Für Schönefelder Easyjet-Mitarbeiter würde es sicher noch in diesem Jahr deutsche Arbeitsverträge geben, teilte das Unternehmen mit. Auf nationale Arbeitsverträge habe sich die Fluglinie zuvor bereits mit ihren Beschäftigten in Italien, Spanien und der Schweiz geeinigt. „Das hat nichts zu bedeuten“, sagte ein deutscher Mitarbeiter, „Easyjet ist knallhart.“ Kulant begegnet die Airline den Passagieren. Vom Streik betroffene Reisende würden kostenlos umgebucht. „Wer erst am nächsten Tag weiterfliegen kann, bekommt ein Hotelzimmer bezahlt“, sagte eine Sprecherin.

Derweil stehen in der kommenden Woche weitere Flugausfälle bevor. Die Piloten von Lufthansa und Germanwings treten am Montag in den Ausstand. Nach den gescheiterten Tarifverhandlungen ruft die Pilotengewerkschaft Cockpit die Flugkapitäne zum Streik. Die Lufthansa nannte das „unverhältnismäßig“.

„In der Branche ist derzeit generell viel los“, sagte ein Tarifexperte. Erwartet wird aber, dass sich die Piloten mit der Arbeitgeberspitze bald einigen. In zwei Wochen beginnen allerdings schon die Tarifverhandlungen für das Lufthansa-Bodenpersonal, das wie die Easyjet-Kollegen von der Gewerkschaft Verdi vertreten wird.Hannes Heine/Jana Haase

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