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Die S-Bahn ist auf dem südlichen Berliner Ring in gewohnten Bahnen unterwegs. Die Gleise daneben sind neu und waren teuer. Gebrauchen kann sie aber derzeit keiner.

© Kai-Uwe Heinrich

Bahnverkehr in Berlin: Auf den neuen Gleisen fährt kein Zug

Die Güterzug-Gleise zwischen Halensee und Tempelhof wurden mit viel Aufwand verlegt. Nun werden sie gar nicht befahren.

Das Geld ist knapp, der Ausbau wichtiger Bahnstrecken lässt auf sich warten. Trotzdem hat die Bahn jetzt rund 13 Millionen Euro auf dem Südring zwischen Halensee und Tempelhof in neue Gleise für den Güterverkehr investiert – verbunden mit viel Lärm für die Anwohner. Dabei gibt es ein Problem: Die Bahn braucht die neuen Schienenwege derzeit kaum. Für das Befahren der Gleise gibt es nach Angaben eines Bahnsprechers momentan keine Bestellungen.

Die Gleise waren am 27. Mai in Betrieb genommen worden – mit einer kleinen Eröffnungsfahrt. Allerdings waren sie noch an die alte Stellwerkstechnik angeschlossen. Um sie mit dem modernen elektronischen Stellwerk Tempelhof verbinden zu können, waren sie vom 24. Juni an erneut gesperrt. Beim Umstellen der Technik riss die Bahn auch die Signalbrücke am S-Bahnhof Tempelhof ab. Seit wenigen Wochen sind die Gleise wieder befahrbar.

Nicht stillgelegte Gleise müssen betriebsbereit sein

Die Bahn hat die Gleise auf der etwa acht Kilometer langen Strecke allerdings auch nicht ganz freiwillig neu gelegt. Für den Bau des 2006 eröffneten Bahnhofs Südkreuz war die Trasse unterbrochen worden. Jahrelang verrosteten die Schienen und wuchsen mit wildem Gestrüpp langsam zu.

Bis das aufsichtsführende Eisenbahn-Bundesamt (EBA) in Bonn intervenierte: Es verlangte, die Strecke entweder auch förmlich stillzulegen – oder die Gleise wieder aufzubauen. Nicht stillgelegte Strecken müssen betriebsbereit sein, um auch Konkurrenten der Bahn die Möglichkeit zu geben, dort Züge fahren zu lassen.

Weil die Strecke zumindest langfristig gebraucht werden könnte, entschied sich die Bahn für den Wiederaufbau. Dabei mussten nicht nur neue Gleise gelegt werden. An der Gotenstraße in Schöneberg baute sie eine neue Überführung, an der Blissestraße in Wilmersdorf taten es Hilfsbrücken. Zuvor hatte die Bahn bereits am S-Bahnhof Schöneberg eine neue Brücke für die Gütergleise errichtet, die dann jahrelang einfach so herumstand – ohne einen Anschluss an die Gleisanlagen.

Vorerst wird es auf den neuen Gleisen nur wenige Fahrten geben

Weil die Gleise nur wiederaufgebaut worden sind, musste die Bahn nicht für zusätzlichen Lärmschutz sorgen, was Anwohner verärgert hat. Lärmschutz wird es erst geben, wenn die Bahn wie geplant in den nächsten Jahren auch eine Oberleitung für den elektrischen Betrieb installiert. Da dies eine wesentliche Änderung der bestehenden Anlagen ist, ist dafür ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren erforderlich, das dann auch den Lärmschutz einschließt.

Bis die Oberleitung hängt, rechnet die Bahn nur mit wenigen Fahrten auf den neuen Gleisen, weil sie nur mit Dieselloks befahren werden können. Sie selbst will sie vorerst nur als Umleitungsstrecke nutzen, wenn andere Gleise blockiert sind.

Den Wunsch des damaligen Grünen-Abgeordneten Michael Cramer, beim Bau des Bahnhofs Südkreuz auch Bahnsteige für den Regionalverkehr zu bauen, hatten die Bahn und der Senat damals abgelehnt. Inzwischen gibt es bei der Bahn aber Überlegungen, am Südkreuz einen Bahnsteig parallel zur Ringbahn nachzurüsten. Dann könnte es eines Tages richtig viel Verkehr auf dem Südring geben, auf dem parallel zu den Gütergleisen auch die S-Bahn fährt.

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