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Ein Taser in der Hand eines Polizisten.

© dpa

Sicherheit: Bekommen Berliner Polizisten bald den Elektroschocker?

Seit ein Verwirrter im Neptunbrunnen von einem Polizisten in Notwehr erschossen wurde, wird wieder über sogenannte Taser diskutiert. Auch manche Sozialdemokraten könnten sich den Einsatz der Geräte vorstellen - doch Vorbehalte bleiben.

In der SPD bröckelt der Widerstand gegen den Einsatz von Elektroschockern durch die Polizei. Nachdem ein Verwirrter am Neptunbrunnen von einem Polizisten in Notwehr erschossen wurde, hat innerhalb der SPD-Fraktion eine Diskussion begonnen über die Einführung des Elektroimpulsgerätes, des sogenannten Tasers. Kürzlich hatte die Partei den früheren Chef des Spezialeinsatzkommandos der Polizei (SEK), Martin Textor, eingeladen, einen Befürworter des Geräts.

Der SPD-Innenexperte Fritz Zimmermann sprach am Dienstag von einer „intensiven Diskussion“ in der Partei, allerdings gebe es weiter „erhebliche Bedenken“ in Teilen der Fraktion. Bislang war nur die CDU vorbehaltlos für den Taser. Die vier vorhandenen Geräte dürfen nur vom SEK eingesetzt werden, rechtlich gelten sie als Schusswaffe. In den vergangenen zwölf Jahren wurden die Geräte 18 Mal verwendet, in diesem Jahr überhaupt noch nicht. Offiziell läuft das Ganze noch unter „Test“. In 14 Fällen wurde dabei das Gerät gegen Menschen gerichtet, die sich umbringen wollten, vier Mal gegen Straftäter. Sieben Einsätze waren „nicht erfolgreich“, weil das Gerät versagte oder nicht wirkte.

Innensenator Frank Henkel (CDU) sagte dem Tagesspiegel: „Ein Einsatz des Tasers hätte den beiden im Neptunbrunnen und in Wedding getöteten Männern wahrscheinlich das Leben gerettet.“ Dies waren die beiden letzten Fälle, bei denen Polizisten im Oktober 2012 und im Juni 2013 verwirrte Randalierer erschossen haben. Auch Polizeipräsident Klaus Kandt hatte nach dem Zwischenfall am Neptunbrunnen gesagt, dass „der Taser wahrscheinlich geeignet gewesen wäre“, den Mann „sicher zu entwaffnen“.

Polizeigewerkschaften und Beamte fordern seit Jahren eine Einstufung des Geräts als „Hilfsmittel“ – so wie Gummiknüppel oder Pfefferspray, für deren Verwendung es geringere rechtliche Hürden gibt. Der Taser könnte mit seiner Reichweite von mehreren Metern die Lücke zwischen dem Einsatz des Knüppels und der Pistole schließen. Schon der frühere Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte eine Einstufung als Hilfsmittel gefordert, war damit aber beim damaligen Innensenator Ehrhart Körting (SPD) abgeblitzt. Am Dienstag nun sagte der SPD-Abgeordnete Zimmermann, dass auch über diese rechtliche Einstufung diskutiert werde: Die Sichtweise von Praktikern wie Martin Textor habe „eine gewisse Logik“. Dieser hatte schon vor zehn Jahren so für den Taser geworben: „Ein Schlag mit dem Gummiknüppel ist weitaus gefährlicher.“

Der heutige SEK-Chef Adrian Swazinna sagte, dass zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen der Taser allein im vergangenen Jahr 21 Mal verwendet wurde. Alle bundesweit etwa 450 Einsätze wurden von der Deutschen Polizeihochschule dokumentiert und ausgewertet. Schlagzeilen hatte der Taser durch angebliche Todesfälle in den USA und in Kanada gemacht. Auch in Berlin hatte es bei einem Taser-Einsatz einen Toten gegeben: Weil die 50 000-Volt-Pfeile wegen extrem dicker Kleidung nicht wirkten, konnte sich 2005 in Charlottenburg ein 28-Jähriger aus 30 Metern in den Tod stürzen.

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