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Lehrerinnen mit Kopftuch in Berlin?

© Getty Images/iStockphoto

Berlin scheitert mit Verfassungsbeschwerde: Pauschales Kopftuchverbot an Schulen gekippt – Verbot nur im Einzelfall möglich

Das Bundesarbeitsgericht hält das Berliner Kopftuchverbot für grundgesetzwidrig. Eine Beschwerde des Landes nahm das Bundesverfassungsgericht nun nicht zur Entscheidung an.

Muslimischen Lehrerinnen in Berlin darf nicht pauschal das Tragen von Kopftüchern verboten werden. Das Bundesverfassungsgericht nahm eine Verfassungsbeschwerde des Landes gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Kopftuchverbot „ohne Begründung nicht zur Entscheidung an“. Dies teilte das Gericht am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Das sei bereits am 17. Januar geschehen. Die Bildungssenatsverwaltung äußerte sich am Mittwochabend zunächst nicht.

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht das Berliner Neutralitätsgesetz erneut infrage.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht in Erfurt hatte am 27. August 2020 das Berliner Gesetz mit Verweis auf die Religionsfreiheit für grundgesetzwidrig erklärt. Eine Muslimin bekam 5129 Euro Entschädigung wegen Diskriminierung zugesprochen, weil sie wegen ihres Kopftuches nicht in den Schuldienst des Landes Berlin eingestellt wurde. Das Land reichte dagegen im Februar 2021 eine Verfassungsbeschwerde ein.

Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags im November 2021 kündigte die Grünen-Politikerin Bettina Jarasch, derzeit Berliner Bürgermeisterin und Umweltsenatorin, eine Änderung des Neutralitätsgesetzes an, falls das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung von 2015 bleibe.

Karlsruhe hatte damals entschieden, dass solche Verbote im Bildungsbereich nur zulässig sind, wenn der Schulfrieden konkret gefährdet ist. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Die Koalition passt das Berliner Neutralitätsgesetz in Abhängigkeit von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an.“

Berlin hat die weitestgehende Regelung

Das seit 2005 geltende Neutralitätsgesetz ist die in Deutschland weitestgehende Regelung. Unter Verweis auf die Neutralität des Staates untersagt sie bestimmten staatlichen Beschäftigten im Dienst auffällige religiöse und weltanschauliche Symbole und Kleidung. So dürfen sie in Rechtspflege, Justizvollzug und Polizei in der Regel keine auffallenden Kleidungsstücke und Symbole tragen, die „eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft demonstrieren“.

Gleiches gilt für Lehrkräfte und andere Beschäftigte mit pädagogischem Auftrag in den staatlichen Schulen. Davon ausgenommen sind die Lehrkräfte, die Religions- oder Weltanschauungsunterricht erteilen, und solche an beruflichen Schulen und in Einrichtungen des Zweiten Bildungswegs. Das Land Berlin begründet die Verbote mit der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates.

Unter welchen politischen Verhältnissen das Gesetz nun geändert werden kann, ergibt sich erst nach der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhauses am 12. Februar. (Tsp, KNA, dpa)

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