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Beim Volksentscheid im September hatten gut 59 Prozent der Wähler für die Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin gestimmt.

© Christophe Gateau/dpa

Update

Expertenkommission zu Enteignungen eingesetzt: Berliner Initiative will frühestens am 12. April über Mitarbeit entscheiden

Die Kommission zur Untersuchung von Verfassungsmäßigkeit und Umsetzung von Enteignungen ist eingesetzt. Ob „DW Enteignen“ Mitglieder entsendet, ist offen.

Nach Einsetzung der Expertenkommission zur Umsetzung des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ (DWenteignen) durch den Berliner Senat lässt die Initiative weiter offen, ob sie sich daran beteiligt. Eine entsprechende Beratung sei am Dienstagabend ohne Ergebnis geblieben, erklärte Kalle Kunkel, Sprecher der Initiative, dem Tagesspiegel am Mittwoch.

Kunkel zufolge habe sich das Plenum der Gruppe darauf verständigt, frühestens in zwei Wochen, am 12. April, eine finale Entscheidung zu treffen. Bis dahin müssten "noch einige Runden gedreht" und die eigenen Personalvorschläge beraten werden, sagte er weiter. Auch eine Nicht-Teilnahme an der Arbeit sei weiter möglich, erklärte Kunkel. Die Debatte dazu sei "kontrovers" geführt worden.

Die Verantwortung für die Verzögerung sieht Kunkel bei Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Dieser habe die Initiative erst gar nicht und dann zu spät über Aufbau, inhaltliche Schwerpunkte und Arbeitsweise der Expertenkommission informiert. Somit sei es der Gruppe nicht möglich gewesen, die eigenen Personalvorschläge den Gegebenheiten entsprechend auszuwählen.

Katina Schubert, Landesvorsitzende der Linkspartei in Berlin, kritisierte die Haltung der mit der Partei eng verbandelten, zuletzt aber in Streit geratenen Initiative. Sie erklärte: "Ich erwarte von der Initiative, dass sie sich an dieser Kommission beteiligt."

Andreas Geisel (SPD), Stadtentwicklungssenator von Berlin, wird von der Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" scharf kritisiert.
Andreas Geisel (SPD), Stadtentwicklungssenator von Berlin, wird von der Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" scharf kritisiert.

© Wolfgang Kumm/dpa

Am Dienstag hatten sich die Mitglieder der rot-grün-roten Landesregierung darauf geeinigt, in der Kommission zunächst die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen klären zu lassen.

„Das beinhaltet die Benennung und rechtliche Bewertung möglicher rechtssicherer Wege einer Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände in Berlin“, heißt es in der dem Tagesspiegel vorliegenden Senatsvorlage, die am Dienstag nach kurzer Debatte verabschiedet wurde. Auch der Gesetzesvorschlag der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ soll berücksichtigt werden, wird darin festgelegt.

Auch praktische Fragen sollen geklärt werden

In einem zweiten Schritt sollen dem Beschluss zufolge "wohnungswirtschaftliche, gesellschaftsrechtliche und finanzpolitische Fragen geklärt und entsprechende Empfehlungen erarbeitet" werden. Damit ist klar: Nicht nur die Frage, ob der erfolgreiche Volksentscheid umgesetzt werden kann, sondern auch wie das geschehen soll, wird Gegenstand der Beratungen der Kommission sein.

Letzteres hatten Vertreter:innen von Linken und Grünen vehement gefordert und nach Bekanntwerden erster Personalvorschläge die SPD dafür kritisiert, lediglich Juristen, die sich klar gegen die Vergesellschaftung von Wohnungen aus dem Besitz großer Immobilienkonzerne ausgesprochen hatten, zu nominieren.

Herta Däubler-Gmelin als Vorsitzende

Mit der Entscheidung, die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin zur Vorsitzenden der Kommission zu machen, flaute die Kritik deutlich ab. Ihr wird offenbar auch von Befürwortern der Vergesellschaftung zugetraut, die Kommission „gerecht und unparteiisch“ zu leiten, wie es in der Senatsvorlage formuliert ist.

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Begrüßt wurde von Grünen und Linken darüber hinaus die Verabredung, die Kommission auch zu der Frage Stellung nehmen zu lassen, wie die Bewirtschaftung der vergesellschafteten Bestände organisiert werden könnte. Außerdem sollen Anforderungen an eine gerechte Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Betroffenen formuliert und das Verfahren zur Festsetzung der Entschädigung und ihrer Finanzierung erörtert werden.

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Auch der Enteignungen gegenüber kritisch eingestellte Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen begrüßte die Einsetzung der Kommission grundsätzlich. Vorstandschefin Maren Kern erinnerte aber daran, dass es aus ihrer Sicht sinnvoller wäre, "alles für eine Trendwende hin zu mehr Neubau in Berlin zu unternehmen." Um mehr günstigen Wohnraum zu schaffen, sei das "Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen" der richtige Rahmen, erklärte Kern. Aus der Linken hieß es dazu, eine "Beerdigung des Volksentscheids über den Umweg Wohnungsbündnis" werde man nicht hinnehmen.

10 von 13 Plätzen sind besetzt

Insgesamt sollen dem Gremium zwölf Mitglieder plus Däubler-Gmelin als Leitung angehören. Die Initiative hatte gefordert, die Mehrheit der Mitglieder stellen zu dürfen. Stattdessen entsenden SPD, Grüne und Linke jeweils drei Mitglieder, drei weitere Posten stehen der Initiative zur Verfügung.

Diese Mitglieder der Expertenkommission stehen bislang fest:

  • Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin (Vorsitz) (Bundesministerin der Justiz a.D.)
  • Prof. Dr. Thorsten Beckers (Bauhaus-Universität Weimar)
  • Prof. Dr. Dr. Wolfgang Durner (Universität Bonn)
  • Prof. Dr. Michael Eichberger (Bundesverfassungsrichter a.D.)
  • Prof. Dr. Isabel Feichtner (Julius-Maximilians-Universität Würzburg)
  • Prof. Dr. Ann-Katrin Kaufhold (Ludwig-Maximilians-Universität München)
  • Prof. Dr. Christoph Möllers (Humboldt-Universität zu Berlin) 
  • Aysel Osmanoglu (GLS Bank) 
  • Prof. Dr. Florian Rödl (Freie Universität Berlin) 
  • Prof. Dr. Christian Waldhoff (Humboldt-Universität zu Berlin)

Fest steht, dass die Geschäftsstelle der Kommission bei der SPD-geführten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen angesiedelt wird. Praktische Fragen wie die nach dem Takt der Sitzungen sollen die Mitglieder der Kommission in der ersten Sitzung des Gremiums klären. Diese wird voraussichtlich noch im April stattfinden. Für die Arbeit der Kommission sind in diesem und dem kommenden Jahr Kosten in Höhe von 550.000 Euro eingeplant. 

Festgelegt wurde außerdem, dass das Gremium „grundsatzöffentlich“ arbeitet, sprich Zwischenberichte, Sitzungsunterlagen, Protokolle und Gutachten „in geeigneter Form“ veröffentlicht werden.

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