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Der Verkehrssenator will die BVG-Preise an einen Index koppeln.

© Reuters

Berliner Nahverkehr: Verkehrssenator: BVG-Preise sollen steigen

Mit Koppelung an einen Index würden Fahrscheine Jahr für Jahr teurer. Der BVG gefällt der Vorschlag – Hamburg und London verfahren genauso.

Der Senator hat eine Idee. Michael Müller (SPD), zuständig für Bauen, Umweltschutz, Stadtentwicklung und Verkehr, will prüfen, ob die mehr oder weniger regelmäßigen Preiserhöhungen im Nahverkehr dauerhaft etabliert werden könnten. Müller schwebt vor, die Steigerungen an einen Index zu koppeln, so dass sie fest vorgegeben wären. Bisher erarbeiten die Unternehmen im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) einen gemeinsamen Vorschlag, der dann vom VBB-Aufsichtsrat beschlossen werden muss. Am Schluss genehmigt Müllers Verwaltung die für Berlin festgesetzten Preise.

Wäre die Preisentwicklung bei den Fahrscheinen an einen Index gekoppelt, könnte man die Diskussionen über Tariferhöhungen vermeiden, hofft Müller. Die Erhöhung wäre für die Fahrgäste dann transparent und nachvollziehbar, und die Unternehmen hätten Planungssicherheit, argumentiert Müller. Eine Hintertür will er sich aber offenhalten: Die Politik sollte ein Vetorecht haben.

Wie der Index für die Nahverkehrspreise berechnet werden würde, steht nach Müllers Angaben nicht fest. Man könne sich an der Berechnung der Preissteigerungsraten für private Haushalte orientieren, könne aber auch einen Weg wählen, bei dem der hohe Anteil der Energiekosten, die die Verkehrsunternehmen aufbringen müssen, stärker gewichtet würde als üblich.

Der BVG gefällt der Vorschlag. „Auch wir beschäftigen uns bereits mit einer solchen Idee“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Dabei sollen die Preissprünge bei den verschiedenen Fahrscheinarten weiter differenziert werden können. Einzelfahrscheine könnten prozentual teurer werden als die Abonnements für die Stammkunden, sagt Reetz. Festgelegt werden könnte dies vom Betrieb oder von der Politik. An einen Index gekoppelt seien zum Beispiel die Preise des Nahverkehrs in Hamburg oder auch in London. Aber auch der Preis für das Semesterticket werde so in Berlin und Brandenburg bestimmt.

Schon einmal gab es den Versuch, die Tarifentwicklung von der Politik zu trennen. Bis 1994 wurden die Preise vom Abgeordnetenhaus bestimmt. Mit der Umwandlung der BVG in eine Anstalt des öffentlichen Rechts fiel die Tarifhoheit dann an das Unternehmen. Jede Preiserhöhung führte aber weiter zu erbitterten Diskussionen unter Politikern.

So auch aktuell. Die Unternehmen wollen die Preise zum 1. August um durchschnittlich 2,6 Prozent erhöhen – und liegen damit geringfügig über der allgemeinen Preissteigerungsrate, die im vergangenen Jahr 2,3 Prozent ausmachte. Begründet wird dies vor allem mit den stark gestiegenen Energiekosten.

Gegen einen Automatismus wehrt sich der Fahrgastverband Igeb. Dessen Sprecher Jens Wieseke ist überzeugt, dass auch bei einer Indexregelung über steigende Preise weiter diskutiert werden würde. Deshalb solle man sich das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen. Nach Ansicht des Grünen-Abgeordneten Stefan Gelbhaar versucht Müller, mit der Indexlösung die „notwendige öffentliche Debatte um Effizienz und Struktur der BVG zu umgehen“. Durch das Vetorecht wolle der Senator als „Heilsbringer“ auftreten können.

Nicht in den Index einbezogen würden die Leistungen der Unternehmen. Hier hätten BVG und S-Bahn derzeit ganz schlechte Karten. Bis ins vergangene Jahr fielen bei der BVG sehr häufig Fahrten von Bussen aus, weil die Fahrzeuge häufiger als geplant in die Werkstätten mussten, und die S-Bahn hat ihre Dauerkrise auch noch längst nicht überwunden. Am Sonntag stellte sie erneut den Betrieb auf der S 45 (Südkreuz–Flughafen Schönefeld) ein, die S 9 nach Schönefeld fuhr zeitweise erst ab Treptower Park statt ab Pankow. Die S 47 wurde auf den Abschnitt Spindlersfeld–Schöneweide verkürzt und auf der S 25 (Teltow Stadt–Hennigsdorf) und S 75 (Wartenberg–Westkreuz) gab es durchgehend nur einen 20-Minuten-Takt. Entschädigungen an die Fahrgäste, wie in den vergangenen Jahren, sind nicht mehr vorgesehen.

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