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Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) wurde vom Ältestenrat des Abgeordnetenhauses zu mehr Zurückhaltung gebeten.

© Kai-Uwe Heinrich

Berliner Parlament kritisiert Senatorin: Breitenbachs Benehmen bei Debatte um Migrantenquote „deutlich über der Grenze“

Die Senatorin hatte der CDU in einer Diskussion über die Migrantenquote Hetze vorgeworfen – und nach einer Ermahnung beharrt. Entschuldigt hat sie sich bereits.

Nach einem Eklat im Abgeordnetenhaus am Donnerstagabend hat der Ältestenrat das Verhalten von Berlins Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales Elke Breitenbach (Linke) kritisiert.

Nachdem diese während einer Debatte über die Migrantenquote der CDU und insbesondere deren rechtspolitischen Sprecher Sven Rissmann vorgeworfen hatte, zu "hetzen", hatte Präsident Ralf Wieland sie bereits während der Sitzung gebeten, sich in ihrer Wortwahl zu "zügeln".

Breitenbach hatte laut dem Vorabprotokoll der Sitzung daraufhin geantwortet: "Ich zügele mich gerne in meiner Wortwahl, aber ich finde, wenn hier solche Aussagen über Menschen mit Einwanderungsgeschichte getroffen werden, wie wir zum Beispiel von [vom fraktionslosen Abgeordneten] Herrn Wild gehört haben, dann kann man das als solches nennen. Und bestimmte Aussagen, die Herr Rissmann getroffen hat, bezeichne ich auch so. Das kann man anders sehen. Ich sehe das so!"

Der Ältestenrat trat daraufhin auf Wunsch der CDU nach der Sitzung zusammen und stellte fest, Breitenbach sei "deutlich über die zulässige Grenze hinweggegangen". Als Regierungsmitglieder, "und damit Gast im Parlament", müssten Senatoren sich besonders zurückhalten.

Außerdem, so der Ältestenrat, dürfe der "Vorwurf der Hetze" nicht Mittel der parlamentarischen Debatte werden.

Sprecher: „Frau Breitenbach hat sich entschuldigt“

Allerdings habe sich Breitenbach auch bei Wieland entschuldigt für ihr Beharren, das der Ältestenrat als "Kritik am Stuhl", also am Parlamentspräsidenten einordnete. Das gilt schon unter Parlamentarier:innen als ungehörig, besonders aber für ein Mitglied der Exekutive.

Ein Sprecher Breitenbachs bestätigte das auf Anfrage: "Frau Breitenbach hat sich beim Präsidenten entschuldigt für den Eindruck, sie hätte seiner Aufforderung widersprochen, was auch nicht ihre Absicht war."

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Auf die Frage, ob sie Wielands Mahnung gerechtfertigt fand und ob sie seither mit Sven Rissmann kommuniziert habe, hieß es lediglich, dazu sei alles gesagt. Rissmann sagte dem Tagesspiegel, Breitenbach habe sich noch nicht gemeldet.

Die CDU-Fraktion hält eine Entschuldigung allerdings für angemessen: Der parlamentarische Geschäftsführer der Union Heiko Melzer sagte dem Tagesspiegel, Breitenbach habe sich "inhaltlich und sprachlich völlig vergaloppiert. Auch im kommenden Wahlkampf sollten wir hart in der Sache, aber angemessen im Ton diskutieren." Dies gelte im Parlament besonders für die Senatoren.

Heftiger Streit über Antrag zur „Migrantenquote“

Anlass der turbulenten Debatte war ein Antrag der Unionsfraktion zur geplanten Novelle des Partizipations- und Integrationsgesetzes. Über Breitenbachs Entwurf für diese Novelle hatte der Tagesspiegel exklusiv berichtet.

Sie sorgt für lebhafte Debatten, weil sie das Ziel enthält, im Öffentlichen Dienst den gleichen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund zu beschäftigen wie in der Stadtbevölkerung präsent sind – also derzeit etwa 35 Prozent.

Die Novelle liegt dem Abgeordnetenhaus noch gar nicht vor, unter anderem, weil SPD-Innensenator Andreas Geisel sie wegen verfassungsrechtlicher Bedenken noch nicht mitgezeichnet hat.

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Dennoch hatte die Union vergangene Woche einen Antrag eingereicht, in der sie eine "Migrantenquote" als "unnötig, unsinnig, schädlich, verfassungswidrig" bezeichnet und Breitenbach vorwarf, sie verwirre "mit kruden Vorstellungen" die Koalition und löse "allenthalben Kopfschütteln aus".

Die Debatte ließ die Gemüter hochkochen

Entsprechend polemisch und gespickt mit Zwischenrufen verlief denn auch die Debatte über den Antrag. Die Opposition erregte sich über Breitenbachs Vorwurf der Hetze, Grüne und Linke zeigten sich im Nachhinein erzürnt über das Verhalten von Parlamentspräsident Wieland.

Dieser habe Partei ergriffen, indem er Breitenbach zur Mäßigung aufgefordert, aber nicht als sexistisch wahrgenommene Sprüche und Zwischenrufe vonseiten Union und FDP eingehegt habe. Gemeint war damit unter anderem Rissmann: Er sah in Breitenbachs Einlassung den Beweis dafür, dass diese nicht für ein öffentliches Amt geeignet sei, da sie sich "in keiner Weise im Griff" habe.

Auch habe Wieland erst um Ruhe gebeten, als die letzte Rednerin zu dem Tagesordnungspunkt Susanna Kahlefeld (Grüne) eine Zwischenfrage mit dem Hinweis abgelehnt habe, es sei anstrengend genug, "in diesen lauten Raum zu reden". Der Geräuschpegel der Unionsfraktion hatte zu dem Zeitpunkt eine solche Höhe erreicht, dass Kahlefeld von der Tribüne aus nur schwer zu verstehen war.

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