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Der Volkspark Hasenheide zwischen Neukölln und Kreuzberg wird von Joggern, Spaziergängern und Kinder besucht, ist aber nicht überfüllt. Die Polizei fährt Streife. Die Karl-Marx-Straße in Neukölln wird kaum von Autos befahren und viele Geschäfte, auch in den Nebenstraßen haben zu. Kropp Delikatessen und Feinkost hat geöffnet. Der Eingangsbereich vor dem Rathaus Neukölln ist mit Flatterband abgesperrt und der Platz ist menschenleer.

© Kitty Kleist-Heinrich/TSP

Berliner Volkspark wird umgebaut: Die Hasenheide wird zur Experimentierfläche gegen die Folgen des Klimawandels

Wie lässt sich das leidende Stadtgrün klimafest machen? Im Neuköllner Volkspark geht ein Pilotprojekt mit Bundeshilfe neue Wege – und testet Baumarten und neue Bewässerungsmethoden.

Will man in der Stadt anschaulich über den Klimawandel sprechen, gibt die Hasenheide eine passende Kulisse: Die Vegetation des alten Volksparks leidet seit Jahren. Mitte Juni haben die Wiesenflächen nach einigen trockenen Wochen bereits eine bräunlich-gelbe Färbung angenommen.

Mit Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) haben sich am Mittwochmittag zwei hohe Bundespolitikerinnen auf den ausgetrockneten Neuköllner Boden gestellt, um den Park als Experimentierfläche gegen die Folgen des Klimawandels im urbanen Raum vorzustellen. Auch Bürgermeister Martin Hikel (SPD) und Umweltstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) sind gekommen.

Die grüne Lunge der Hasenheide sei ideal, um die Temperaturen in der Stadt zu senken, sagt Bauministerin Geywitz. Hitzeinseln bilden besonders in den urbanen Räumen Gefahren für die Bevölkerung, weshalb die Bundesregierung das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ aufgesetzt hat. Aus einem Fördertopf von insgesamt fünf Milliarden Euro können sich Kommunen noch bis Mitte September bewerben.

Hasenheide: Fünf Millionen Euro aus dem Bundesprogramm

„Die Hasenheide profitiert“, sagt die Ministerin. Fünf Millionen Euro aus dem Bundesprogramm werden in Neukölln bereits seit März in verschiedenen Maßnahmen angelegt, es ist die höchstmögliche Fördersumme für Einzelprojekte in dem Programm. „Wir sind dabei, die Schwammstadt zu fördern“, erklärt Steffi Lemke anschließend. Man müsse den Kommunen helfen, in kommenden Dürren und Hitzewellen ihre Städte als Wasserspeicher zu nutzen.

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Zwingend gebraucht werden die 49 Hektar der Hasenheide auch als Erholungsfläche im Bezirk, erklärt Bürgermeister Martin Hikel. Schon zu Kaisers Zeiten habe die große Grünanlage eine wichtige soziale Bedeutung für die Stadt gehabt. Um die bedrohte Vegetation im Park zukunftsfest zu machen, habe Neukölln beschlossen, sich für das Programm zu bewerben.

Nur noch ein Drittel der Bäume ist ohne Schäden

Umweltstadtrat Jochen Biedermann erklärt genauer, um welche Maßnahmen es geht: Neben der sichtbaren Trockenheit der Wiesenflächen seien viele Bäume in einem schlechten Zustand, besonders Kiefern und Birken: Jeder zehnte musste in den vergangenen drei Jahren vorzeitig gefällt werden, da die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet war. Nur noch ein Drittel aller Bäume sei ohne Schäden.

Klara Geywitz (SPD, l-r), Bundesbauministerin, Steffi Lemke (Bündnis90/Grüne), Bundesumweltministerin, Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) und Baustadtrat Jochen Biedermann (Bündnis90/Grüne).
Klara Geywitz (SPD, l-r), Bundesbauministerin, Steffi Lemke (Bündnis90/Grüne), Bundesumweltministerin, Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) und Baustadtrat Jochen Biedermann (Bündnis90/Grüne).

© dpa/Wolfgang Kumm

Die dürren Sommer der vergangenen Jahre haben tief ausgetrocknete Böden zurückgelassen, die an der Oberfläche stark verdichtet sind. Eine Krautschicht fehlt, die das Erdreich auflockert, die Sonneneinstrahlung abfängt und Regenwasser versickern lässt. Dazu haben auch die vielen Menschen beigetragen, die durch alle Bereiche des Parks ziehen. Das jährliche Volksfest „Maientage“ wurde deshalb abgesagt, obwohl es seit 1965 in der Grünanlage stattfindet.

Bereits im März begann der erste Bauabschnitt im Projekt mit der Pflanzung von 32 Bäumen. In späteren Abschnitten sollen insgesamt 600 Bäume neu gepflanzt werden. Auch Arten aus dem Mittelmeerraum werden dabei sein, mehrere Tausend Sträucher und Wiesenflächen. Man müsse schauen, sagt Biedermann, was heute überhaupt noch funktioniert. Damit meint der Stadtrat sowohl Baumarten, als auch Bewässerungsmethoden oder spezielle Mischungen aus Gräsern für Wiesenflächen.

Bei der Bewässerung könnte auch das nahe Columbiabad helfen. Doch ob das gechlorte Wasser den Pflanzen zusetzt? Stadtrat Biedermann verzieht das Gesicht. Man weiß es nicht und wird es vielleicht probieren: Die Hasenheide wird zu einem Experimentierfeld für die klimaresiliente Stadt.

Janna Einöder freut sich über den geplanten Umbau der Hasenheide. Endlich werde der nötige Umbauprozess der Städte angestoßen, sagt die Referentin für Stadtgrün beim Naturschutzbund (Nabu) Berlin. Man habe sich in dem Konzept viel vorgenommen. Der Volkspark sei genau die richtige Testfläche, um die Klimaresilienz heimischer und anderer Arten neu auszuloten und das Regenwasser durch artenreiche Wiesen in der Stadt zu halten. „Der Englische Rasen ist Auslaufmodell!“

Sorgen machen sich Bezirk und Nabu um die Zeit nach dem Auslaufen des Pilotprojekts. Ob nach zwei Jahren auf Dauer Mittel bereitstehen, um den Umbau nicht wieder stocken zu lassen? Ob man die Erfahrungen aus der Hasenheide anderswo nutzen kann? Das konnte an diesem Mittwoch nicht beantwortet werden.

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