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Neue DACH-Zentrale des Schinenfahrzeugherstellers Alstom am Ernst-Reuter-Platz in Berlin.

© Alstom

Alstom eröffnet neue Zentrale: Am Autokreisel mehr Zugverkehr planen

Der Zughersteller führt in Berlin-Charlottenburg drei Standorte zusammen. Die Nähe zur Technischen Universität soll neue Talente locken.

Die Herausforderung hat Alstom künftig immer im Blick. Der französische Zughersteller hat am Dienstag seine neue Konzernzentrale für Deutschland, Österreich und die Schweiz (DACH-Region) in einem Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz eröffnet. An einem Ort also, der wie kein zweiter in Berlin vom Autoverkehr geprägt ist, arbeiten die rund 500 Beschäftigten daran, mehr Menschen in Züge zu holen.

Die Bundesregierung wünscht sich, dass die Deutschen bis 2030 doppelt so viel mit der Bahn fahren wie heute. Die Deutsche Bahn investiert deshalb kräftig in seine ICE-Flotte und plant, den Zugbetrieb bis 2040 vollständig zu digitalisieren, um bis zu 30 Prozent mehr Züge auf die Gleise zu bekommen. Das macht Deutschland für den französischen Industriekonzern Alstom so lukrativ.

Wir wollten nicht an den Stadtrand ziehen, sondern ins Zentrum, wo wir die Nähe zu Politik und Kunden haben.

 Müslüm Yakisan, Deutschland-Chef von Alstom

„Unser neuer Konzernsitz ist auch ein Bekenntnis zum Standort“, sagt DACH-Chef Müslüm Yakisan dem Tagesspiegel. „Wir wollten nicht an den Stadtrand ziehen, sondern ins Zentrum, wo wir die Nähe zu Politik und Kunden haben.“ Zugleich soll das neue Hauptquartier markieren, dass die Übernahme des kanadischen Rivalen Bombardier inklusive seiner Werke in Brandenburg nach gut zwei Jahren weitgehend abgeschlossen ist. „In unserer neuen DACH-Zentrale ziehen wir drei Berliner Standorte zusammen“, erklärt Yakisan. Dort sei nun endgültig egal, „wer früher bei welchem Unternehmen war“.

Straßenbahn-Montage im damaligen Bombardier-Werk in Hennigsdorf. Es gehört heute Alstom.
Straßenbahn-Montage im damaligen Bombardier-Werk in Hennigsdorf. Es gehört heute Alstom.

© picture alliance / dpa/Bernd settnik

Tatsächlich tut sich der zweitgrößte Bahnkonzern der Welt mit der Integration von Bombardier schwer. Rund 9600 Beschäftigte an 13 Standorten hat Alstom nun in Deutschland. Im Heimatmarkt von Siemens Mobility sind die Franzosen inzwischen ein ebenbürtiger Rivale. Doch Alstom kämpft auch mit großen Überkapazitäten und der veralteten Technik in den früheren Bombardier-Werken vor allem in Ostdeutschland. Erst vor kurzem konnte Yakisan mit den Betriebsräten und der Gewerkschaft IG Metall ein Sanierungskonzept vereinbaren. Auf betriebsbedingte Kündigungen wird dabei – anders als ursprünglich geplant – verzichtet. Nun muss er die Werke modernisieren und ausreichend Arbeit für die Beschäftigten finden.

Alstom hofft auf S-Bahn-Auftrag

Für Hennigsdorf am nordwestlichen Stadtrand setzt der DACH-Chef hierfür auf neue Züge für die Berliner S-Bahn. Bisher hatte Alstom kaum Chancen auf den Großauftrag. Denn Berlin und Brandenburg schrieben die Herstellung und den Betrieb der Züge gemeinsam aus. Der bisherige Betreiber Deutsche Bahn tat sich hierfür mit den Rivalen Siemens und Stadler zusammen. Nun hofft Yakisan, dass der künftige Berliner Senat das Ausschreibungsdesign noch einmal anpasst. „Wir haben in Hennigsdorf drei S-Bahn-Generationen gebaut und viel Know-how“, sagt er. „Diese geografische Nähe, die Expertise und Erfahrung unserer Leute sind ein echtes Plus.“

Mitarbeiter des Schinenfahrzeugherstellers Alstom in der neuen Zentrale am Ernst-Reuter-Platz
Mitarbeiter des Schinenfahrzeugherstellers Alstom in der neuen Zentrale am Ernst-Reuter-Platz

© Caspar Schwietering/TSP

Auch bei der kommenden ICE-Ausschreibung rechnet sich Yakisan Chancen aus. Die Deutsche Bahn habe ein sehr anspruchsvolles Zug-Design konzeptioniert: mit einem Niederflurantrieb und trotzdem einem ebenerdigen Einstieg. „Alstom hat verschiedene Typen von Hochgeschwindigkeitszügen im Portfolio“, betont er. Auf der Basis dieser verschiedenen Plattformen könne man innovative Lösungen anbieten.

Viel Arbeit bei der Signaltechnik

Zugleich setzt Alstom auf die Digitalisierung. In der neuen Zentrale werden rund 200 Beschäftigte der Signaltechnik arbeiten. Die Ingenieure sollen hier die für die digitale Zugsicherung nötigen Empfangsgeräte konfigurieren und den Einbau in die bestehende Zugflotte planen. Ein komplizierte und langwierige Arbeit, weil brandneue Soft- und Hardware mit der oft jahrzehntealten IT-Technik der Züge kommunizieren muss und der Bauraum in den Waggons bereits verplant ist. Rund 12.000 Züge aus etwa 100 Baureihen müssen auf diese Weise in den kommenden Jahren umgerüstet werden.

Alstom, Marktführer bei den sogenannten On-Board-Units, hofft deshalb auf gute Geschäfte und will weitere 100 Mitarbeiter:innen einstellen. Auch deshalb sitzt Alstom nun direkt neben der Technischen Universität (TU) Berlin, wo Software-Ingenieure ausgebildet werden. „Unsere Mitarbeitenden können mitten in der Stadt bequem zu Fuß, mit der U-Bahn oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen“, wirbt Yakisan. Und weiterhin in ihrer alten Mensa zu Mittag essen.

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