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© Simulation: gmp Architekten

Berliner Wirtschaft: Unternehmer wünschen sich Tegel als ihren Landeplatz

Bis Mitte 2012 soll der Flughafen Tegel Geschichte sein. Doch was geschieht dann mit dem Gelände? Die Industrie- und Handelskammer will den Flughafen Tegel zum Innovationsstandort entwickeln.

Die Zeit wird knapp: Bis zum Jahresende soll Klarheit über die künftige Nutzung des Flughafens Tegel herrschen, der bis Mitte 2012 geschlossen wird. Damit keine Brache entsteht und sich Investoren rasch ansiedeln können, sind Änderungen im Flächennutzungsplan und neue Bebauungspläne nötig. Immerhin scheint der Weg bereits geebnet, denn in vielerlei Hinsicht ähneln sich die Vorschläge. Am Dienstag positionierte sich nun die Industrie- und Handelskammer.

Dabei geht es vor allem um große Industrieflächen. In der Stadt stünden sonst oft nur „kleinteilige“ Areale zur Verfügung, sagten IHK-Präsident Eric Schweitzer und Hauptgeschäftsführer Christian Wiesenhütter. „Viel zu oft“ scheiterten Ansiedlungen auch an Denkmalschutzauflagen, Abstandsflächen zu Wohnhäusern oder der mangelnden kurzfristigen Verfügbarkeit. Derzeit gibt es 105 300 Industrie-Arbeitsplätze in Berlin. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung wären 90 000 mehr nötig, um den Durchschnitt europäischer Hauptstädte zu erreichen. Die Kammer weist auf die enge Verzahnung mit Dienstleistern hin: Jeder Job in der Industrie „zieht etwa drei bis vier Dienstleistungsarbeitsplätze nach sich“.

Eine Umfrage der IHK, mehrerer Bezirksämter und der Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner hatte Ende 2008 ergeben, dass sich allein im Umfeld des Flughafens 15 Unternehmen zusätzliche Flächen mit einer Gesamtgröße von 80 000 Quadratmetern wünschen. Angesichts der Wirtschaftskrise wurden diese Firmen im vorigen Juli noch einmal befragt – das Ergebnis blieb gleich.

Viel Lob bekommt das Konzept des Architekten Meinhard von Gerkan, dessen Büro gmp einst durch die Gestaltung des neuartigen „Drive-In-Airports“ mit kurzen Wegen berühmt geworden war. Gerkan schlägt unter dem Titel „TXL+“ eine „Energie-Plus-Stadt“ mit Gewerbe und Wohnhäusern vor, die mehr Strom produzieren als verbrauchen soll. Dazu könnten Wind- und Solarkraftwerke und Geothermie beitragen. Vor allem aber will der Architekt die führende Rolle Deutschlands bei der Umwelttechnologie präsentieren. Im ersten Schritt sollten Forschungsstätten, Ausstellungs- und Konferenzräume sowie ein Planungszentrum für die Umgebung im sechseckigen Terminalgebäude entstehen. Statt Flugzeugen könnten dort mobile Ausstellungsräume andocken – und als Werbung für die deutsche Umweltbranche sogar in andere Länder gebracht werden. Diese Visionen hat die von gmp gegründete „aac Academy für Architectural Culture“ jetzt konkretisiert: Internationale Stipendiaten erarbeiteten Entwürfe, die derzeit ausgestellt werden (siehe Infokasten).

Meinungsverschiedenheiten gibt es beim Wohnungsbau. Der CDU-Arbeitskreis für den Airport „schließt Wohnungen explizit aus“ , sagt Spandaus Baustadtrat Carsten-Michael Röding. Es gehe um einen Energie- und Industriepark („Tegel XXL“) mit bis zu 20 000 Arbeitsplätzen – besonders im Bereich Elektromobilität und Verkehrstechnik. Zu Wohnbauten sei aber ein großer Abstand nötig. Abgesehen davon „würde unser Konzept mit der Gerkan-Planung zusammenpassen“, sagt Röding. Für Grün- und Waldflächen blieben etwa 90 Hektar.

Reinickendorfs Vize-Bürgermeister Peter Senftleben (SPD) war mit seiner Idee, die fehlende U-Bahn-Anbindung durch eine Schwebebahn zu kompensieren, in die Schlagzeilen geraten. Für den Terminalbereich favorisiert die SPD das vom Architekten Gerkan vorgeschlagene „Schaufenster“ der Umwelttechnik. Wohnungen sollten nur gebaut werden, wenn sich Investoren melden und es „konkrete Wünsche gibt“, sagt Senftleben. Der Bedarf sei stadtweit eher gering.

Die Wirtschaftsverwaltung will laut Sprecher Stephan Schulz „neben Industrie auch anderes Gewerbe“ ansiedeln. Auch er sieht aber einen Schwerpunkt bei „Zukunftsbranchen“ wie der Solarenergie. „Im Technologiepark Adlershof gilt das nicht als Konkurrenz“, sagt Reiner Nagel, Abteilungsleiter Stadt- und Freiraumplanung in der Senatsbauverwaltung. „Die Wirtschaft fordert Qualität“, betont er. Tatsächlich sind sich Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und Wirtschaftsvertreter schon einig darin, was auf keinen Fall entstehen darf – nämlich ein Shoppingcenter oder ein großes Möbelhaus.

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